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Wirtschaft: Niemand wettet auf den Dollar

Deutsche Exporteure sind noch nicht beunruhigt – Europäische Zentralbank sieht Konjunkturbelebung

Frankfurt / Berlin (dr/ro/pet). Die internationalen Devisenmärkte setzten unbeirrt auf eine weitere Abwertung des Dollar. Die unerwartet guten USArbeitsmarkt-Zahlen konnten den Abwärtstrend der amerikanischen Währung am Donnerstag nur vorübergehend bremsen. Am Abend stieg der Kurs des Euro wieder in Richtung 1,1730 Dollar. Zuvor hatte der Euro gegenüber dem Dollar vorübergehend auf dem höchsten Stand seit vier Monaten gestanden. In Tokio unterschritt der Dollar erstmals seit drei Jahren kurzfristig die Marke von 109 Yen.

Zu Beginn des Handels hatte der Euro noch bei 1,1845 Dollar gelegen. Er war damit nicht mehr weit von seinem Allzeithoch entfernt, das er Anfang Juni mit 1,193 Dollar je Euro erreicht hatte. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Euro-Referenzkurs am Mittag noch mit 1,1788 Dollar festgesetzt. Ein Dollar kostete damit 0,8483 Euro. Dann aber begann aber ein deutlicher Kursverfall auf bis zu 1,1685 Dollar – Grund war die Annahme der Märkte, die guten US-Arbeitsmarktdaten seien ein Zeichen für eine nun erstarkende Wirtschaft in den USA. Dieser Verfall war aber am Abend wieder zu Ende. „Am Markt herrscht trotzdem die Meinung vor, dass sich die Zentralbanken weder in den USA noch in Europa einer weiteren Abwertung des Dollar entgegenstellen werden“, sagte ein Händler.

Dennoch sehen Experten den Euro nicht auf direktem Wege zu einem neuen Höchststand, dem stünden noch technische Widerstandslinien entgegen. Eine verläuft bei 1,1850 Dollar. Allerdings erhielt der Euro durch Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin Auftrieb. Dieser hatte am Donnerstag erklärt, er schließe nicht aus, dass Russland sein Öl künftig auch in Euro und nicht nur in Dollar abrechnen könnte.

Der deutsche Export zog im August – bei allerdings fallendem Dollar – noch an. Trotz Sommerferien und Hitzewelle lagen die Ausfuhren mit 49,1 Milliarden Euro um 1,1 Prozent über dem Niveau von Juli. Im Jahresvergleich sieht die Exportstatistik für August allerdings deutlich schlechter aus. Der Gesamtwert deutscher Ausfuhren sank zum August 2002 um 4,2 Prozent. Der Präsident des Bundesverbands des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Anton F. Börner, begründete den Rückgang mit den späten Ferien im wichtigen Exportland Nordrhein-Westfalen und einem zusätzlichen Arbeitstag im vergangenen Jahr. Der Export dürfte im kommenden Jahr kräftig anziehen.

Nach Berechnungen Jörg Krämers, Chefvolkswirt bei Invesco Asset Management, ist die jüngste Prognose der Auslandshandelskammern, wonach die Ausfuhren in diesem Jahr um zwei Prozent und im kommenden Jahr um fünf Prozent zulegen werden, realistisch. Wie der BGA bewertet auch er die Euro-Stärke zum Dollar noch nicht als gravierendes Problem für die Exportwirtschaft.

Große deutsche Dax-Unternehmen sehen dies ähnlich. BMW-Sprecher Marc Hassinger sagt, der Automobilkonzern sei, was das Ergebnis angeht, bis Jahresende abgesichert. Für das kommende Jahr sei man zu etwa zwei Dritteln und für 2005 immer noch zu etwa einem Drittel abgesichert. Bei Continental sieht man keinen Dollareffekt. „Wir sind eines der wenigen deutschen Unternehmen, dass im Dollarraum für eine ähnliche Summe einkauft, wie es als Erlöse hereinbekommt“, sagt ein Sprecher. Der Schering-Konzern, bei dem rund 50 Prozent der Umsätze im Dollarraum anfallen, ist nach eigener Aussage für zwölf Monate abgesichert. Und die BASF, die nach Angaben eines Sprechers ohnehin zum großen Teil dort produziert, wo sie auch verkauft, ist „in einer Zeitschiene von zwei bis drei Monaten nahezu zu 100 Prozent abgesichert“.

Die Bundesbank warnt

Warnungen kommen allerdings aus dem Hause der Deutschen Bundesbank. Ihr Präsident Ernst Welteke sieht für eine durchgreifende Erholung in Europa noch „große Risiken“. Bei anhaltenden Wechselkursgefahren könnte die Hoffnung der Europäer auf einen durch die konjunkturelle Erholung in den USA angetriebenen Aufschwung „durchaus noch enttäuscht werden“, sagte Welteke am Donnerstag beim Internationalen Volksbanken-Kongress in Berlin. Hinzu komme eine hausgemachte Risikoquelle: So sei die Finanzpolitik insbesondere der großen Euro-Länder zu wenig solide.

Auch die EZB befürchtet, dass unter anderem auch Deutschland die Ziele des Stabilitätspaktes nicht nur in diesem Jahr, sondern auch 2004 verpasst. „Dies gibt Anlass zu tiefer Besorgnis“, heißt es im jüngsten Monatsbericht. Doch die EZB sieht durchaus Anzeichen für eine verhaltene Konjunkturbelebung. Die Risiken seien ausgeglichen, auch wenn noch Fragezeichen hinter die Nachhaltigkeit des Aufschwungs gesetzt werden müssten. Nach einer verhaltenen Konjunkturbelebung im zweiten Halbjahr werde sich der Aufschwung 2004 verstärken.

Die Einschätzung der EZB wird durch die jüngsten Zahlen der EU-Kommission untermauert. Nach deren Berechnung dürfte die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal zwischen Stagnation und 0,4 Prozent Wachstum liegen. Für das vierte Quartal wird eine Spanne von 0,2 bis 0,6 Prozent erwartet. Die EZB sieht deshalb keinen Zinsänderungsbedarf. Seit Juni steht der Leitzins unverändert bei zwei Prozent. Allerdings hat der Verfall des Dollarkurses wieder Spekulationen aufkommen lassen, die EZB könnte gezwungen sein, die Zinsen erneut zu senken. Das würde den Euro für Investoren weniger interessant machen.

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