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Wirtschaft: Notfall Krankenhaus: Pleitegeier kreisen über Kliniken in USA

Vor zwei Jahrzehnten galt das Gesundheitssystem der Vereinigten Staaten noch als rezessionsfest. Das hat sich drastisch geändert.

Vor zwei Jahrzehnten galt das Gesundheitssystem der Vereinigten Staaten noch als rezessionsfest. Das hat sich drastisch geändert. Im ganzen Lande drohen Krankenhäusern zweistellige Verlustzahlen. Selbst über Universitätskliniken kreisen die Pleitegeier. Der Grund ist nicht wirtschaftlicher, sondern politischer Natur. Nach den jüngsten Studien profitiert weder der Hospitalbetreiber noch der Patient vom freien Wettbewerb im Gesundheitswesen. Im Gegenteil.

Knapp die Hälfte der privatwirtschaftlich betriebenen Krankenhäuser hat voriges Jahr nicht genügend Geld verdient, um den Betrieb aufrecht zu erhalten und für die Zukunft vorzusorgen, stellt der Verband American Hospital Association (AHA) in seinem Dezemberbericht fest. Danach sind die Gewinnmargen 1999 auf insgesamt 4,7 Prozent gefallen, so tief wie seit 1994 nicht mehr. Der Bericht - Hospital Statistic 2001 - gilt übrigens als die zuverlässigste Quelle der Krankenhausfinanzierung, weil er alle Krankenhäuser der USA erfasst. Und etwa ein Drittel der Hospitäler sollen demzufolge 1999 Verluste erwirtschaftet haben.

Belastet wurden die Krankenhäuser 1999 durch die geringsten Umsatzzuwächse seit Jahren und Abstriche im Rahmen des 1997 beschlossenen ausgeglichenen Haushalts. Er trifft vor allem die staatliche Gesundheitsfürsorge für Senioren (Medicare) und Bedürftige (Medicaid). Die Nettoeinnahmen der 4956 Krankenhäuser in den USA stiegen laut AHA voriges Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 3,9 Prozent auf 351,6 Milliarden Dollar, doch die Kosten legten 5,1 Prozent auf 335,2 Milliarden Dollar zu. Nach einem Bericht im Wirtschaftsmagazin "Forbes" gehen der Branche als Folge des Budgetausgleichsgesetz von 1997 200 Milliarden Dollar an staatlichen Zuwendungen verloren.

Verschleppte Rückerstattungen und abgelehnte Ansprüche durch Versicherer sind ein Teil des Problems, doch der Budgetbeschluss gilt als die Hauptursache. Seit Präsident Richard Nixon (1969-1974) Preiskontrollen verordnet habe, sei es nicht mehr vorgekommen, dass die Regierungspolitik eine derart verheerende Wirkung hinterlassen hat", heißt es in einem Bericht der Zeitschrift "Health Forum Journal".

Die prekäre Finanzlage der amerikanischen Hospitäler schlägt sich zwangsläufig in der Behandlungsqualität nieder. Nach einer in der Fachzeitschrift "Journal of General Internal Medicine" erschienenen Studie kommen ärztliche Fehlgriffe und die Notwendigkeit von Nachbehandlungen nach chirurgischen Eingriffen bei den kommerziell betriebenen Hospitälern zwei bis viermal häufiger vor als in den gemeinnützigen Krankenhäusern. Auch bei der Diagnose und Behandlung von Krankheiten treten in den privaten Krankenhäusern mehr Verzögerungen auf als bei anderen, heißt es hier.

"Diese Studie sollte denjenigen als abschreckendes Beispiel dienen, die die Krankenpflege dem Marktplatz anvertrauen wollen", schreibt der Ko-Autor des Artikels, Gordon Schiff. Frühere Forschungsergebnisse hätten außerdem ergeben, dass die Sterberaten in den so genannten For-Profit-Krankenhäusern um 25 Prozent höher sind als in den Uni-Krankenhäusern und um sieben bis acht Prozent höher als in gemeinnützigen Kliniken.

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