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Wirtschaft: NRW bekämpft Steuerbetrug schärfer

Neue Zentralstelle soll gegen Banden vorgehen – weitere Länder eingebunden

Düsseldorf Der Umsatzsteuerbetrug in Deutschland soll stärker bekämpft werden. Als erstes Bundesland will Nordrhein-Westfalen eine landesweite Zentralstelle zur Bekämpfung dieser Taten einrichten. Das kündigte NRW-Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) im Gespräch mit dem Handelsblatt an. Die Stelle soll 2006 ihre Arbeit aufnehmen, in Bonn angesiedelt werden und Anlaufstation sein sowohl für das auf Bundesebene zuständige Bundesamt für Finanzen, die Fahnder anderer Bundesländer sowie die landeseigenen Finanzämter. „Verbesserungen bei der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs können nie auf seine völlige Ausrottung gerichtet sein, sondern nur auf seine Eindämmung“, sagte Dieckmann. „Wir konzentrieren uns deshalb auf das Phänomen des besseren und schnelleren Informationsflusses zwischen den Behörden“.

Grund für die NRW-Aktion sind die horrenden Steuerausfälle, die durch Banden entstehen. Nach Schätzungen des Münchener Ifo-Instituts wird der Umsatzsteuerbetrug mit 16,3 Milliarden Euro in diesem Jahr einen Höchststand erreichen. Hinzu kommt, dass Dieckmann dem mit Bayern und Rheinland-Pfalz vorangetriebenen Umbau des Umsatzsteuersystems derzeit wenig Chancen einräumt. Zum einen, weil das Bundesfinanzministerium dem skeptisch gegenüberstehe. Zum anderen, weil der dafür notwendige Konsens zwischen den EU-Staaten nicht absehbar sei.

Momentan laufen von Bund und Ländern in Auftrag gegebene Planspiele, die einen Wechsel zum so genannten „Reverse-Charge-Modell“ testen. Dabei finden zwischen Unternehmen grundsätzlich keine Umsatzsteuerzahlungen mehr statt – und damit auch keine Vorsteuererstattung. Das Problem beim Umsatzsteuerbetrug ist nämlich bislang, dass der gewerbliche Käufer einer Ware die zu zahlende Umsatzsteuer im Rahmen des Vorsteuerabzugs meist erstattet bekommt, bevor er das Entgelt an den Verkäufer entrichtet hat. Betrüger können sich also Steuern vom Finanzamt erstatten lassen, obwohl sie tatsächlich gar keine gezahlt oder der Verkäufer diese nicht an den Fiskus abgeführt hat. Meist arbeiten die Täter mit fingierten Rechnungen und einem Netz aus Scheinfirmen.

Dem will NRW jetzt mit einer Optimierung der Verwaltungsstruktur entgegenwirken. Zum einen wird in jedem Festsetzungsfinanzamt eine einheitliche Anlaufstelle für neu gegründete Firmen entstehen. Dadurch sollen typische Fallgestaltungen, die auf Betrugsabsichten hindeuten, schneller erkannt werden. Zum anderen soll die neue Zentralstelle als Ansprechpartner fungieren und Erkenntnisse aus Umsatzsteuerprüfungen bündeln und allgemein verfügbar machen. Außerdem soll sie Profile von Tätern und Begehungsweisen erstellen.

In anderen Bundesländern kommt die Idee gut an. „Ich begrüße das und halte den Ansatz für sinnvoll“, sagte der rheinland-pfälzische Finanzminister Gernot Mittler (SPD) dem Handelsblatt. Man sei im Übrigen in die Entwicklung der NRW-Zentralstelle eingebunden und wolle davon in zweierlei Hinsicht profitieren: „Einmal für die Strukturen im eigenen Land. Zum anderen für eine mögliche länderübergreifende Kooperation“, sagte Mittler. Aus Bayern hieß es, die Idee einer zentralen Betrugsbekämpfungsstelle sei bei Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) „auf offene Ohren gestoßen“. Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin erklärte, man stehe einer bundesweiten Institution positiv gegenüber. Praktiker in der Finanzverwaltung betrachten die Bemühungen dagegen als „Tropfen auf den heißen Stein“. ke/HB

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