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© dpa

Ökologie: Keine Gewissensbisse bei Obst aus Übersee

Nicht immer sind regionale Produkte besser für die Umwelt als importierte Ware. Eine Studie untersucht, wann ein Apfel aus Argentinien das Klima schont.

Wer beim Einkauf zu Obst aus heimischem Anbau statt aus Übersee greift, schadet der Umwelt womöglich mehr als gedacht. Ein Apfel vom Bodensee kann nämlich das Klima genauso belasten wie die Konkurrenz aus Südamerika. Dies hat eine Studie des Chemiekonzerns BASF ergeben. Der südamerikanische Apfel ist zwar lange per Schiff unterwegs, der vom Bodensee liegt dafür einige Monate im Kühlraum. „Nicht immer ist Regionales besser als importierte Ware. Aber es ist auch nicht prinzipiell andersherum“, sagt Klaus Welsch, Leiter der Geschäftseinheit Pflanzenschutz bei der BASF. Der Experte plädiert für eine differenzierte Betrachtung.

Um die Energiebilanz eines Apfels zu bestimmen, muss man seinen gesamten Lebensweg betrachten – also neben der Erzeugung auch die Lagerung und den Transport. Den BASF-Berechnungen zufolge kann ein argentinischer Apfel ökoeffizienter sein als einer aus deutschen Landen – und zwar im April. Dann ist er auf der Südhalbkugel gerade geerntet worden. Die Produktion, die Lagerung und der Transport einer Tonne dieser Äpfel verursacht weniger als 250 Kilogramm Kohlendioxid. Das sind rund 50 Kilogramm Schadstoff weniger als bei einer Tonne deutscher Äpfel. Denn diese haben im April schon einige Monate Lagerung im Kühlhaus hinter sich.

Anders ist es im November: Dann liegen die Kohlendioxidemissionen, die Ernte, Lagerung und Transport einer Tonne argentinischer Äpfel verursachen, mit mehr als 500 Kilogramm fast fünf Mal so hoch wie bei den gerade geernteten heimischen Äpfeln. Der Zeitpunkt der Ernte ist also entscheidend.

Aber auch von den heimischen Äpfeln, die hauptsächlich vom Bodensee oder aus dem Alten Land in Niedersachsen kommen, werden nur rund 20 Prozent in den ersten Wochen nach der Ernte oder nach kurzer Kühldauer verkauft. Die restlichen 80 Prozent der Ernte werden monatelang eingelagert: „Den gekühlten Lagerhallen wird Sauerstoff entzogen und ein spezielles Stickstoff-CO2-Gemisch zugeführt“, erklärt Tobias Bandel Agraringenieur der Firma Soil & More, die Tüv-zertifizierte CO2-Bilanzen errechnet. Ab drei bis vier Monaten Lagerzeit sei ein heimischer Apfel weniger energieeffizient als ein gerade geernteter aus Übersee. „Unsere deutschen, regionalen Äpfel sind natürlich die besten“, sagt Andreas Kicherer, der bei der BASF für Nachhaltigkeitsservices zuständig ist. Wenn das heimische Obst Saison hat, sei es importiertem vorzuziehen. „Man muss aber kein schlechtes Gewissen haben, wenn man im Frühjahr mal zu einem neuseeländischen Apfel greift“, sagt Kicherer.

„Erntefrische Äpfel – beispielsweise im April – können nur aus der südlichen Hemisphäre stammen“, erklärt Felix Lippert, von der Firma Kinetix, die sich mit Qualitätsmanagement für Obst und Gemüse beschäftigt. Da sich Äpfel grundsätzlich auch ohne Kühlung einige Wochen halten, sind lange Transportzeiten per Schiff kein Problem. Das ist gut für die Klimabilanz: „Da ist so viel Tonnage auf einem Schiff, der CO2-Aufschlag pro Apfel fällt da kaum ins Gewicht“, meint Lippert.

Umweltbelastender ist hingegen schnell verderbliches Obst und Gemüse, das per Flugzeug transportiert wird, etwa Trauben oder Birnen. Besonders klimakritisch sei auch Spargel aus Übersee, meint Martin Demmeler, der sich an der technischen Universität München lange mit Klimabilanzen von Lebensmitteln befasst hat. Nach seinen Berechnungen erzeugt der Transport von einem Kilo Spargel aus einem Umkreis von 100 Kilometern rund 60 Gramm Kohlendioxid. Kommt das Gemüse mit dem Lkw aus Spanien, sind es schon 359 Gramm. „Rund 17 Kilogramm CO2 erzeugt der Flugtransport von einem Kilo aus Argentinien“, sagt Demmeler.

Miriam Braun

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