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Unter Druck. Der britische BP-Chef Tony Hayward (Zweiter von rechts) musste sich am Donnerstag vor dem Kongressausschuss in Washington heftige Kritik anhören. Der Ölkonzern soll Sicherheitsprobleme ignoriert haben.

© AFP

Ölkatastrophe: US-Abgeordnete geißeln BP

Der britische Ölkonzern muss vor dem US-Kongress Rede und Antwort stehen. Die Republikaner entschuldigen sich dafür.

Die Ansage war deutlich: Man werde Tony Hayward wohl „in Stücke schneiden und ihm die Haut abziehen“. Das hatte der US-Demokrat Bart Stupak vor Beginn der Anhörung des BP-Chefs vor dem Energie-Ausschuss des Repräsentantenhauses am Donnerstag prophezeit. Es war das erste Mal seit der Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“, dass Hayward persönlich dem Kongress Rede und Antwort stand. Die Bohrinsel war am 20. April explodiert und zwei Tage später gesunken. Seitdem strömen täglich bis zu 60 000 Barrel Öl ins Meer.

Die großen TV-Nachrichtensender übertrugen den Auftritt des Chef-Sündenbocks live – oft gepaart mit Bildern vom heftig sprudelnden Leck oder ölverklebten Tieren. Sollte der 53-jährige Geologe Hayward geglaubt haben, dass ihm die Zusage von 20 Milliarden Dollar für einen Treuhandfonds (siehe Kasten) etwas Luft verschaffen würde, so sah er sich getäuscht. Denn die Wut kocht weiter. Nicht nur bei den Küstenbewohnern, sondern auch bei Volksvertretern, die offen die Frage eines Rücktritts an Hayward stellen und genügend Munition in der Hand haben. Zum Beispiel E-Mails, die zeigen: Bei der „Deepwater Horizon“ wurde Profit über Sicherheit gestellt. „Wir konnten keine Beweise finden, dass Sie den Risiken, die BP eingegangen ist, irgendwelche Aufmerksamkeit geschenkt haben“, sagte der Demokrat Henry Waxman. Der konservative Abgeordnete Michael Burgess zeigte eine seltene Spur von Selbstkritik: „Schande über Sie. Aber auch über uns, weil wir Ihre Bohrpapiere abgezeichnet haben.“

Der Republikaner Joe Barton aus Texas, dem Heimatstaat vieler US-Ölkonzerne, verfolgte eine ganz andere Strategie. Er entschuldigte sich zur Überraschung der Anwesenden. Nicht bei den Opfern der Katastrophe, sondern bei Hayward. Er und BP seien am Vortag das Opfer einer Erpressung geworden, als Obama sie mit dem Justizminister am Tisch illegal zur Einrichtung des Sonderfonds gezwungen habe. Es ist ein Seitenhieb mit dem Versuch, aus dem viel kritisierten Krisen-Management des Präsidenten weiteres Kapital zu schlagen. Obama sieht den Kampf gegen das Öl als Krieg.

Diese Eskapade verzögerte nur kurz das erwartete Mea Culpa Haywards, ebenso wie auch der lautstarke Protest einer Zuhörerin, die schwarz verschmierte Hände hochhielt und dann von der Polizei abgeführt wurde. Es habe eine beispiellose Serie von Fehlern gegeben, räumte Hayward ein, der seit 2007 bei BP auch für mehr Sicherheit sorgen sollte – und dies getan haben will: „Wie ein Laser“ habe man sich auf diesen Aspekt konzentriert.

Gleichzeitig sprach der Brite aber auch von einem komplexen Unfall – und ließ trotz hängender Schultern durchblicken, dass man die Schuld nicht nur im eigenen Konzern suchen wird und nun wohl eine Welle an Prozessen um die Haftungsfrage vor sich sieht. „Es sind eine ganze Reihe von Unternehmen in das Unglück verwickelt.“ Bei der Frage der Schadensbegrenzung kann er nur Versprechen anbieten. Garantien gibt es nicht. „Wir arbeiten hart, das Öl zu stoppen und einzudämmen“, sagte der Manager.

Für Schlussfolgerungen, so sagte ein nicht aus der Ruhe zu bringender Hayward dann den bohrenden Parlamentariern, sei es noch zu früh. Man untersuche sieben kritische Bereiche der Unglücksplattform. Auch Detailaussagen wehrte Hayward ab. Mit Sätzen wie: „Ich bin doch kein Zementingenieur“ oder „Ich weiß es nicht“. Sätze, die viele Menschen an der Golfküste nicht mehr hören können. Sie wollen Antworten. Doch was soll ihnen der Chef eines Unternehmens bieten, dessen Markenzeichen seit dem 20. April Hilflosigkeit ist?

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