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Wirtschaft: Ölmärkte werden transparenter

Bundesregierung treibt Initiative voran/ Internationale Kooperation startet im Sommer Internet-Plattform

Berlin - Deutschland wirbt beim kommenden G8-Gipfel der sieben führenden Industrienationen und Russlands für eine internetbasierte Plattform, die Ölpreise schneller als bisher erfasst und so Spekulanten das Geschäft erschwert. Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach sagte dem Tagesspiegel, Markttransparenz zu schaffen sei das zentrale Instrument in dem Bemühen der Bundesregierung, die Ölspekulation zu bekämpfen.

Das System ist bereits im Aufbau. Jean-Eve Garnier, Leiter Energiestatistik bei der Internationalen Energie-Agentur (IEA), sagte dem Tagesspiegel, im Sommer werde die allgemein zugängliche Internet-Plattform freigeschaltet, die den Ölanalysten deutlich bessere, schnellere und verlässlichere Daten liefern werde. Alle großen Förder- und Verbraucherländer hätten ihre Datenerfassung mittlerweile stark verbessert, sagte Garnier.

Pfaffenbach stellte sich hinter den Ansatz. „Wir wollen die IEA ermuntern, das fortzusetzen. Wir wollen, dass der politische Wille der G8-Länder dahintersteht.“ Zwar gebe es Vorbehalte der USA als Erzeuger- und Verbraucherland, zudem sei es „kein so prioritäres Thema in der G8“, aber es gebe durchaus Zustimmung. „Das ist ja auch kein Thema, wo man auf Konfrontation gehen muss.“ Der nächste G8-Gipfel soll im Juli in Schottland zusammenkommen.

Deutschland könne darüber hinaus nur den Öl-Anteil beim Energieverbrauch reduzieren. Doch die Atomkraft laufe aus, die Windkraft könne die Lücke vorerst nicht füllen und der Gaspreis sei an den Ölpreis gekoppelt, sagte Pfaffenbach. Im Kontext dieser Weg-vom-Öl-Politik steht der deutsch-russische Energiegipfel, der voraussichtlich im Oktober in Russland stattfindet. Mit dabei sind Vertreter deutscher Energieversorger wie Eon und RWE sowie Wirtschaftsminister Wolfgang Clement.

Seit Sommer 2003 werben Clement, Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel dafür, Ölspekulanten das Geschäft zu erschweren, bisher ohne Widerhall. Im vergangenen Jahr kostete Öl zwischenzeitlich so viel wie noch nie seit Einführung der Ölbörsen Anfang der 80er Jahre. Der Grund: die Furcht vor möglichen Versorgungsengpässen, weil der Verbrauch in China und Indien stärker als erwartet wuchs und zudem Stürme, Anschläge oder politische Wirren die Förderung in wichtigen Ölländern deutlich zu behindern drohten. Ein tatsächlicher Engpass trat aber nie auf. Doch lagen die Daten stets nur mit zweimonatiger Verzögerung vor. Die Internet-Plattform soll diesen Zeitraum auf einen Monat reduzieren. Pfaffenbach sagte, letztendlich müssten Echtzeit-Daten das Ziel sein.

Seit 2001 arbeiten sechs internationale Organisationen in der Gemeinsamen Öldateninitiative (Joint Oil Data Initiativ, Jodi) daran, bessere Informationen über die Förderung, den Lagerbestand und den Verbrauch von Erdöl weltweit zu sammeln. Alle wichtigen Förder- und Verbraucherländer sind vertreten – Asien-Pazifik über die Apec, die großen Industrienationen der OECD über die IEA, die EU über Eurostat, Südamerika über die Olade, die meisten Exporteure über die Opec und die restlichen Länder über die UN. „Deutlich mehr Schwung hat die Initiative durch die Vorstöße von Bundeskanzler Gerhard Schröder und auch von Premierminister Tony Blair im vergangenen Jahr bekommen“, sagte IEA-Energiestatistikchef Garnier. „Daten gibt es nicht einfach so. Nötig ist ein politischer Schub.“

Zunächst konzentriert sich die Plattform auf Kerndaten: die Förderung, den Verbrauch und die Lagerhaltung der in jeder Kategorie wichtigsten 30 Länder. Insgesamt würden so 55 Länder erfasst. Später sollen auch Import- und Exportzahlen erfasst werden. Auch soll die Zahl der erfassten Länder steigen.

Die Mineralölwirtschaft begrüßte die Anstrengungen. „Wir haben heute eine Menge Daten, aber eine umfassendere und zeitnähere Berichterstattung wäre sehr gut“, sagte Barbara Meyer-Buckow, Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV), dem Tagesspiegel.

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