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Wirtschaft: Ölscheichs suchen ihre Zukunft

Die meisten arabischen Länder haben keine wettbewerbsfähige Wirtschaft

Berlin Die meisten arabischen Staaten haben die Folgen des Irakkriegs überwunden. Gab es 2003 noch die Angst, dass die Auseinandersetzung die Region destabilisieren könnte, zeigen die Zahlen nun ein anderes Bild. Vier bis fünf Prozent Wirtschaftswachstum werden die meisten Länder dieses Jahr aufweisen – nicht nur die Ölstaaten, die gerade vom sehr hohen Ölpreis profitieren. „Der Tourismus in Ägypten, Tunesien und Marokko hat sich erstaunlich schnell erholt“, sagt Marc Engelhardt, Nahostexperte bei der KfW-Entwicklungsbank. Jordanien habe sich zu einem Brückenkopf für wirtschaftliche Aktivitäten im Irak entwickelt – und werde auch stark von einer Erholung des Nachbarn profitieren.

Trotzdem: „In den letzten zehn Jahren hinkte die Region beim Wachstum im Vergleich zu Asien und Lateinamerika hinterher“, sagt KfW-Experte Engelhardt. „Bedingt durch den hohen Ölpreis gab es jetzt in einigen Ländern Wachstumssprünge. Wir können aber nicht davon ausgehen, dass sich die positive Entwicklung mittelfristig fortsetzt.“ Schließlich gebe es strukturelle Probleme.

Die Fakten sind klar: In Ägypten zum Beispiel lag das Pro-Kopf-Einkommen in den 50er Jahren auf dem gleichen Niveau wie in Südkorea – heute nur noch bei einem Fünftel. Der UN-Bericht von 2003 zur menschlichen Entwicklung im arabischen Raum sieht als Ursachen für die Rückständigkeit der Region vor allem die fehlende Freiheit und große Bildungsdefizite. „Hartnäckig halten sich hohe Analphabetenraten bei Frauen, insbesondere in einigen der am geringsten entwickelten arabischen Länder“, heißt es in dem Bericht arabischer Fachleute. Viele Kinder könnten noch nicht einmal die Grundschule besuchen. Und die Zahl der Studenten in höheren Bildungseinrichtungen nehme ab, während die öffentlichen Bildungsausgaben seit 1985 zurückgefahren würden. Auf eine Million Bürger kämen im Schnitt 371 Wissenschaftler und Ingenieure, die forschen oder entwickeln. Weltweit liege die Zahl bei 979. Als ein Grund macht der UN-Bericht etwa die Rentier-Mentalität in den Ölstaaten aus. Solange die Ölmilliarden fließen, fehlt die Motivation zur Entwicklung von Alternativen.

Die Folge laut UN-Report: Technologie müsse importiert werden, werde älter und nicht weiterentwickelt – und müsse später neu zugekauft werden. Davon abgesehen investiert auch das Ausland wenig in die arabischen Länder. Keines ist in der Liste der zehn Entwicklungsländer, die weltweit am meisten Fremdinvestitionen anziehen können, vertreten.

Mittlerweile trete jedoch langsam ein Sinneswandel ein, sagt Nahost-Experte Engelhardt. In Ägypten wurde erst vor kurzem die alte Regierung durch ein Team aus Reformern ersetzt, die teilweise 30 Jahre jünger sind als ihre Vorgänger. „Auch Saudi-Arabien hat die Zeichen der Zeit erkannt“, sagt Engelhardt und plant stärkere Investitionen in die Bildung seiner Bürger. „Nur dauert es zehn bis 15 Jahre, bis ein Grundstock aufgebaut ist – und viele Wissenschaftler wandern ins Ausland ab, vor allem Frauen.“

Die Zeit für Veränderungen drängt. Der Anteil der Bevölkerung unter 20 Jahren liegt in den meisten Ländern bei rund 50 Prozent. Hunderttausende neue Jobs müssen für die Heranwachsenden geschaffen werden.

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