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Opel: Die Russen kommen

Was sich die Sberbank und der Autohersteller Gaz von dem Deal versprechen.

Moskau - Er war noch nie ein großer Freund der Opel-Beteiligung: German Gref, der telegene Chef der staatlich kontrollierten russischen Sberbank, die nun 35 Prozent am Rüsselsheimer Autobauer halten wird. Und so blieb er auch am Donnerstag sehr zurückhaltend. Er nehme noch keine Gratulationen entgegen, sagte der Chef der größten russischen Bank. Schließlich müsse man sich jetzt erst einmal die Bedingungen anschauen, die GM für den Opel-Verkauf stellt.

Wie viel Unabhängigkeit sich Gref gegenüber der russischen Regierung in Sachen Opel bewahren kann, ist unklar. Man habe den Bankchef „zum Jagen tragen“ müssen, kolportierten Finanzkreise. Die Bank wolle bei Opel nur vorübergehend einsteigen. Er habe nicht die Absicht, langfristig ein „strategischer Investor“ bei Opel zu bleiben, hatte Gref einmal gesagt. Mit Industriebeteiligungen hat die Sberbank kaum Erfahrungen – ihr Chef will sie lieber zu einem führenden internationalen Finanzhaus formen. Staatlich verordnete Firmenkäufe passen da nicht zum Image.

Ein anderer Grund für seine Schmallippigkeit dürfte die eigene heikle Lage sein. Für die Sberbank ist das Engagement ein hohes Risiko. Die Bank hat immer noch mit den Folgen der Finanzkrise zu kämpfen: Zwar konnte sie trotz höherer Rückstellungen für Problemkredite im jüngstem Quartal überraschend gut abschneiden und dank besserer Renditen im Kreditgeschäft einen Gewinn von rund 120 Millionen Euro erzielen. Der Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum offenbart aber die Dramatik der Krise in Russland: Das Nettoeinkommen der ehemaligen russischen Sparkasse liegt heute um 85 Prozent niedriger.

Euphorischer auf die GM-Entscheidung reagierten dagegen die Arbeiter an den Bändern des russischen Autoherstellers Gaz in Nischnij Nowgorod. Zwar sind für sie seit Monaten Kurzarbeit, Massenentlassungen und Lohnkürzungen traurige Realität. Aber zuletzt sah es auch noch so aus, dass aus der großen Hoffnung, der Partnerschaft mit Opel, nichts mehr wird. Diese Sorge ist vom Tisch: Unter der industriellen Führung von Magna, finanziert von der russischen Sberbank und europäischen Steuergeldern, sollen Gaz und Opel kooperieren.

Wer hier wen retten soll? Das fragen sich Experten in Moskau seit jenem Tag, als Magna mit Gaz ins Rennen um Opel ging. Gaz, kontrolliert vom Oligarchen Oleg Deripaska, hat gemeinsam mit Magna schon enorme Anstrengungen zur Modernisierung der veralteten Produktpalette unternommen, letztlich aber vor allem Geld verbrannt. Wie bei dem Versuch, die Sowjetmarke Wolga mit der Adaption eines Chrysler-Auslaufmodells wiederzubeleben. Der Wolga Siber entpuppt sich als echter Ladenhüter. HB

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