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Ostereier

© dpa

Ostergeschäft: Hochsaison im Hühnerstall

Weil Ostern in diesem Jahr extrem früh ist, erwarten Eierproduzenten schlechte Geschäfte. Besonders hart trifft es die Bio-Bauern.

Den Chef sprechen? Das geht an diesem Freitagnachmittag überhaupt nicht. „Wir sind vor dem stärksten Wochenende im ganzen Jahr“, stöhnt ein Mitarbeiter vom Eierhof Hennes, einem der größten Eierfärbebetriebe Europas, in Euskirchen bei Bonn. „Da sind alle mit der Verladung beschäftigt.“ 170 Mitarbeiter färben am Tag mehrere hunderttausend Eier, die in fast allen Lebensmittelläden in Deutschland angeboten werden. Nur noch eine Woche bis zum Fest. Die Zeit drängt.

In diesem Jahr muss alles besonders schnell gehen. Weil Ostern auf ein ungewöhnlich frühes Datum fällt, auf den 23. März, ist die Saison für die Eierverkäufer extrem kurz. Das ist wegen der hohen Arbeitsbelastung nicht nur schlecht für die Nerven der Mitarbeiter – „lieber dreimal Weihnachten als einmal Ostern“, jammert die Branche – , sondern auch fürs Geschäft. Hinzu kommt, dass die Produzenten sich nach den Preissteigerungen der vergangenen Monate langsam wieder auf fallende Preise einstellen – ein Ostergeschenk für Verbraucher.

Eine Woche vor dem Fest sind die Erwartungen der Branche dementsprechend verhalten. „Bei der gefärbten Ware werden wir die Vorjahreszahlen nicht erreichen“, sagt Werner Böttcher, der bei der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle der Agrarwirtschaft (ZMP) für Eier und Geflügel zuständig ist. „Die Zeit ist zu kurz. Es fehlt einfach ein Monat zum Verkaufen.“ Einfach früher loszulegen, geht auch nicht. „Wir können ja nicht gleich nach Weihnachten anfangen, Ostereier zu verkaufen“, sagt Böttcher.

Noch 2006 hatten die Produzenten 20 Prozent mehr bunte Eier als im Vorjahr verkauft, wie viele das insgesamt waren, behält die Branche für sich. Das Plus geht nicht nur auf Ostern zurück, sondern auch auf die Fußball-WM, die viele Fans mit schwarz-rot-gold lackierten Eiern feierten. Im vergangenen Jahr ging der Absatz wieder leicht zurück.

Auch die bunten „Halbzeit-Eier“ für die WM stammten vom Eierhof Hennes. Auf denselben Maschinen werden jetzt Ostereier gefärbt. 50 000 Stück können in einer halben Stunde produziert werden – genug, um ein ganzes Stadion oder eine Kleinstadt zu versorgen.

Vorher müssen die Eier aber erst einmal gelegt werden. In Deutschland produzieren knapp 43 Millionen Hennen rund 13 Milliarden Stück pro Jahr, rund 800 Millionen Euro setzten die Hühnerhalter damit zuletzt um.

Auch bei der Deutschen Frühstücksei herrscht gerade Hochbetrieb. „Wir verkaufen um Ostern rund 30 Prozent mehr Schaleneier als sonst“, sagt Geschäftsführer Andreas Janßen. Der größte Produzent und Vermarkter Europas war 1990 als Erzeugergemeinschaft in Berlin gegründet worden, sitzt inzwischen aber im Süden Niedersachsens. Mit 4,5 Millionen Legehennen produziert Janßen rund eine Milliarde Eier pro Jahr, fast alle kommen aus der Legebatterie. Das sei am billigsten, sagt er. Seine Abnehmer, zu denen alle großen Einzelhandelsketten und Discounter wie Aldi und Lidl zählen, wissen das zu schätzen.

Rein statistisch verspeist jeder Deutsche acht bis neun Eier pro Monat, zu Ostern sind es laut ZMP drei Stück mehr. Dass jeder von uns insgesamt trotzdem auf einen Verbrauch von 206 Eiern im Jahr kommt, liegt daran, dass rund die Hälfte der Produktion in Fertigkuchen, Keksen oder Eierlikör wandert. Auch das zählt mit.

Ob das Ei im Fertigkuchen von einem Käfighuhn gelegt wurde oder einer freilaufenden Kollegin, kann der Supermarktkunde allerdings genauso wenig nachvollziehen wie beim gefärbten Osterei. „Wie die Hennen gehalten werden und woher die Eier kommen, bleibt anonym“, kritisiert Andrea Schauff von der Verbraucherzentrale Hessen. Nur „normale“ Eier müssen im Handel bislang gekennzeichnet werden. Ein Defizit, wie Christine Amling, Geschäftsführerin des Zentralverbands Eier, zugibt. „Wir bewegen uns bei bunten Eiern in einem rechtsfreien Raum“, sagt sie. Die gängigen Vermarktungsnormen für Eier gälten bei Farbeiern nicht.

Das ist bei Bio-Eiern etwas anders – was aber dazu führt, dass Verbraucher in diesem Jahr auf farbige Bio-Eier ganz verzichten müssen. Schuld daran ist die überarbeitete EU-Ökoverordnung, die seit Anfang des Jahres in Kraft ist. Danach dürfen bestimmte Stoffe für das Färben von Bio-Eiern nicht mehr verwendet werden, darunter auch Schellack, der die Schale versiegelt und sie haltbar macht. Ohne Schellack gibt es keine Farbeier, mit Schellack dürfen Öko-Eier nicht als „bio“ vermarktet werden. Die Folge: „Es wird keine bunten Bio-Eier geben“, sagt Ralf Alsfeld, Sprecher des Öko-Erzeugerverbandes Bioland. Wer gegen die EU-Regeln verstößt, dem drohen Zwangsgelder. „Wir erwarten Umsatzeinbrüche“, sagt Alsfeld. „Das wird richtig wehtun.“

Die Nachfrage nach Bioeiern ist in den letzten Jahren zwar gestiegen, trotzdem werden in Deutschland bislang nur 4,4 Prozent der Eier ökologisch produziert. Mit knapp 70 Prozent stammt die meiste Ware (siehe Grafik) noch aus Käfighaltung, auch wenn der Anteil langsam zurückgeht. „Viele Verbraucher lehnen Käfighaltung ab, haben aber gleichzeitig den Anspruch, ein billiges Lebensmittel zu bekommen“, sagt Verbandsfrau Amling zum Widerspruch zwischen Wollen und Tun.

Ab Ende 2008 ist Käfighaltung allerdings verboten. „Schon jetzt zeichnet sich ein starker Trend zur Bodenhaltung in Großvolieren ab“, sagt ZMP-Experte Böttcher. Auch Großerzeuger Janßen baut schon um.

Das könnte Auswirkungen auf die Durchschnittspreise haben. 5,5 bis sechs Cent koste es, ein Käfigei zu produzieren, einen Cent mehr bei einem Bodenei, weil die Haltung aufwändiger sei, sagt Großerzeuger Janßen.

Zum bevorstehenden Eierfest müssen sich Verbraucher allerdings nicht mehr auf Preissprünge gefasst machen. Das Ei-Angebot ist in den vergangenen Wochen bereits leicht gestiegen. „Bei den Preisen tut sich bis Ostern nichts mehr“, sagt Böttcher. Für ein Zehnerpack Käfigeier mussten die Deutschen zuletzt 1,07 Euro zahlen, für Ware aus Bodenhaltung sind es derzeit 1,37 Euro, bei Freilandeiern 1,62 Euro fürs Zehnerpack. „Nach Ostern gehen die Preise wieder runter“, prophezeien ZMP-Mann Böttcher und Großerzeuger Janßen. Das sei in den letzten Jahren immer so gewesen. Alte Tradition. Wie Ostern.

Maren Peters

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