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Wirtschaft: Pack den Weizen in den Tank

Für die Landwirte ist die Endlichkeit von Öl und Gas eine Riesenchance. Biosprit ist stark gefragt

Seit 1. Januar könnte auf jeder Zapfsäule ein Sticker kleben: Hier gibt es grünen Sprit. Mit besten Empfehlungen der Bundesregierung. Denn die hat verfügt, dass Weizen-Benzin und Raps-Diesel künftig in jeden Autotank fließen – als Beimischung zu regulärem Kraftstoff. Von den nachwachsenden Rohstoffen verspricht sich nicht nur die Politik viel, Klimaschutz und geringere Abhängigkeit von dem in vielerlei Hinsicht problematischen Erdöl etwa. Auch die Biosprithersteller und die Landwirtschaft träumen vom Boom.

Schon jetzt werden laut Deutschem Bauernverband auf zwei von insgesamt zwölf Millionen Hektar nachwachsende Rohstoffe angebaut. Und die Nachfrage nach alternativen Kraftstoffen wird weiter steigen. Gerade hat die EU-Kommission festgelegt, dass bis zum Jahr 2020 alle Mitgliedstaaten mindestens zehn Prozent am Kraftstoffmarkt mit grünem Sprit abdecken sollen.

Deutschland produziert etwa die Hälfte des weltweiten Biodiesels – in Firmen wie Oelmuehle Hamburg oder Petrotec. Biodiesel wird meist aus Rapsöl gewonnen. Rund 1900 Tankstellen bieten schon reines Rapsölmethylester an, mehrere Fahrzeugbauer haben ihre Modelle darauf umgestellt. Und regulärem Diesel kann bis zu fünf Prozent Biodiesel beigemischt werden.

Ein anderer grüner Sprit ist Bioethanol. Die Südzucker-Tochter Crop Energies betreibt im sachsen-anhaltinischen Zeitz nach eigenen Angaben Europas größte Bioethanolanlage. Frisch an der Börse, hat das junge Unternehmen gerade seine Gewinnerwartung für das laufende Geschäftsjahr erhöht. „Wir profitieren davon, dass sich die EU einen politischen Rahmen für die Zeit nach 2010 gesetzt hat“, sagt Vorstandsmitglied Lutz Guderjahn. Er schätzt, dass Bioethanol in fünf bis zehn Jahren mit Rohöl wetteifern kann – vorausgesetzt, der Ölpreis steige auf 80 Dollar pro Barrel (159 Liter).

Die Aussichten trübt, dass in Deutschland zum Jahresbeginn alternative Kraftstoffe nicht länger steuerfrei sind. Nun kassiert der Staat neun Cent je Liter, bis 2012 soll die Abgabe stufenweise der Mineralölsteuer angeglichen werden. Da Biosprit einen niedrigeren Energiewert hat als regulärer, müsste er aber preiswerter sein. „Ohne Subventionierung sind Biokraftstoffe nicht wettbewerbsfähig“, sagt Gernot Klepper vom Institut für Weltwirtschaft der Uni Kiel. „Die Abhängigkeit von der Politik ist immens.“

Noch etwas anderes gibt Klepper zu bedenken. Die Anbauflächen für nachwachsende Rohstoffe seien begrenzt. So werde Rapsöl auch für die Lebensmittel- und die chemische Industrie verwendet. Schon jetzt gingen über 80 Prozent davon in die Biodieselproduktion. Als Ersatz für die industrielle Produktion werde zunehmend Palmöl importiert – ökologisch fragwürdig, so Klepper, da etwa in Indonesien dafür der Regenwald abgeholzt werde. Die Folge: zusätzliche CO2-Emissionen. Gerade das hatte die Politik eigentlich verhindern wollen.

Juliane Schäuble

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