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Schnell unterwegs. Edelpfandhäuser nehmen zum Beispiel Oldtimer, Luxusuhren oder teuren Schmuck als Sicherheit für einen Kredit. Kunden zahlen dafür aber hohe Zinsen.

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Pfandhäuser für Reiche: Benz oder Bares

Reiche versetzen zunehmend ihre Schätze wie Schmuck oder Oldtimer, wenn sie Geld brauchen. Ein gutes Geschäft für die neuen Edelpfandhäuser - auch in Berlin.

Von Carla Neuhaus

Diskretion ist alles. Verrät Götz Gollan zu viel, könnte das die Kunden vergraulen. Deshalb spricht er lieber nur vage vom teuren Oldtimer, den ihm ein älterer Herr anvertraut hat. Marke und Farbe will er nicht nennen – zu groß ist die Angst, die Nachbarn seines Kunden könnten dies lesen. Denn was die nicht wissen: Der ältere Herr brauchte dringend Geld, um seinen Kindern aus der Patsche zu helfen. Verkaufen wollte er seinen Oldtimer aber nicht. Deshalb brachte er ihn zu Gollan. Ins Edelpfandhaus.

Die Privatbank Berlin, so der offizielle Name des Instituts, ist auf Sachdarlehen spezialisiert: Wohlhabende können bei ihr kostbare Wertgegenstände versetzen und bekommen dafür Kredit. Im Prinzip arbeitet das Institut wie ein klassischer Pfandleiher – nur dass es eben ausschließlich Luxusgegenstände als Pfand nimmt: teure Uhren, Kunstwerke, Immobilien oder Oldtimer. So müssen Gemälde zum Beispiel mindestens 100 000 Euro wert sein, damit das Institut sie als Sicherheit akzeptiert. „Am Liebsten sind uns sehr bekannte Künstler wie Picasso, Monet oder Warhol“, sagt Gollan.

Unerwartete Steuernachzahlung, kurzfristiger Auftrag

Der Banker weiß: Auch Reiche können schnell in Geldnot geraten. Da ist zum Beispiel der Unternehmer, der eine unerwartet hohe Steuernachzahlung leisten muss. Oder der selbstständige Architekt, dem kurzfristig ein Auftrag wegbricht. Da ist der Sammler, dem sein Traumauto angeboten wird, der aber gerade nicht genug auf dem Konto hat. Menschen, die alles andere als arm sind – und doch schnell Geld brauchen. Ihnen will Gollan helfen. Und daran verdienen.

Wer ihn besucht, ist erst einmal überrascht. Ihren Sitz hat die Privatbank Berlin nämlich nicht in einer schicken Villa mit teuren Gemälden an der Wand – sondern im dritten Stock eines schmucklosen Bürogebäudes. Unten rauscht der Verkehr über die mehrspurige Straße, gegenüber hat sich ein Baumarkt angesiedelt. Gollans Büro hat kahle Wände, das schlichte Mobiliar erinnert mehr an eine Amtsstube als an ein Vorstandsbüro. Zu tun hat das vor allem mit der Geschichte der Bank. Denn ein Edelpfandhaus ist sie erst seit Kurzem.

Schmuckes Stück. Edelpfandhäuser nehmen besonders Wertvolles in Zahlung.
Schmuckes Stück. Edelpfandhäuser nehmen besonders Wertvolles in Zahlung.

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Über Jahrzehnte war das Berliner Institut unter dem Namen Bankhaus Dr. Masel auf Beamtendarlehen spezialisiert: eine Mischung aus Kredit und Lebensversicherung. Doch was in den 1960er Jahren ein Erfolgsmodell gewesen sein mag, hat sich in den letzten Jahren angesichts der niedrigen Zinsen immer weniger gerechnet. 2006 hat Daniel Hopp, Sohn von SAP-Gründer Dietmar Hopp, die Bank übernommen. In der Finanzkrise nutzte er das Haus als „Atombunker“, übertrug angeblich einen Großteil seines Vermögens dorthin. Später holte er dann Götz Gollan in den Vorstand – mit dem Auftrag, ein neues Geschäftsmodell für das Haus zu entwickeln. Gollan kam schließlich auf die Idee mit den Sachdarlehen und machte aus der Beamtenbank nach und nach ein Edelpfandhaus.

Es ist ein Nischenmarkt, auf dem das Berliner Institut jetzt aktiv ist – aber einer, der wächst. Der Trend kommt aus den USA und Großbritannien, wo Edelpfandhäuser Tradition haben. So wirbt der Pfandleiher „New Bond Street Pawnbrokers“ im Londoner Nobelviertel Mayfair zum Beispiel damit, keinen Kredit unter 1000 Pfund (1360 Euro) zu vergeben. In Zahlung geben Kunden dort Diamanten, Kunst oder Antiquitäten. Selbst wertvolle Weine nimmt das Londoner Geschäft in Zahlung.

Das Ansehen der Branche wandelt sich gerade

In Deutschland hatten Pfandleiher dagegen lange ein Schmuddelimage. Die Kunden waren eher Geringverdiener, die in der Not Goldschmuck gegen kleinere Beträge bis zu 100 Euro tauschten. Doch das Ansehen der Branche wandelt sich gerade. Auch hierzulande würden Reiche häufiger zum Pfandleiher gehen, heißt es beim Zentralverband des Deutschen Pfandkreditwesens. „In den Tresoren der deutschen Pfandkreditunternehmen sind mittlerweile Uhren aller wichtigen Chronometermanufakturen oder auch Luxushandtaschen von Hermès bis Louis Vuitton zu finden“, schreiben die Branchenvertreter.

Das sind gute Aussichten für die Privatbank Berlin – und die Konkurrenz. Denn Götz Gollan und seine Kollegen sind längst nicht die Einzigen, die in diesem Markt unterwegs sind. Erst im März ist in Berlin das Onlinepfandhaus Valendo an den Start gegangen. Auch dort können Kunden wertvolle Schätze verpfänden: Uhren, Schmuck, edle Handtaschen – Hauptsache, sie sind 5000 Euro oder mehr wert. Kürzlich hätten sie sogar drei teure Musikinstrumente in Zahlung genommen, sagt Gründer Dirk Piethe.

Der Exbanker schätzt, dass die Deutschen Gegenstände im Wert von zwei bis drei Milliarden Euro besitzen, die sie theoretisch verpfänden könnten – und er glaubt, dass sie das zunehmend tatsächlich tun werden. „Wertgegenstände zu verpfänden, ist nicht mehr nur der letzte Notnagel“, sagt Piethe. Schon jetzt seien es zum Großteil Selbstständige, Unternehmer oder Handwerker, die bei Valendo ihre Wertgegenstände verpfändeten: Kunden, die auch bei der Hausbank nach einem Kredit fragen könnten.

Banken können nach der Finanzkrise nicht mehr so schnell Kredit geben

Dabei profitieren die Pfandhäuser von der strengeren Regulierung, der die klassischen Geschäftsbanken seit der Finanzkrise unterliegen: Sie müssen für Kredite mehr Eigenkapital hinterlegen, sich besser als vorher gegen Risiken absichern. Doch je länger Kunden bei Geschäftsbanken auf die Zu- oder Absage für den Kredit warten, desto eher gehen sie zum Pfandleiher. „Unser Vorteil ist, dass wir den Kunden den Kredit sehr schnell zusagen können“, sagt Gollan von der Privatbank Berlin. Selbst hohe Zinsen akzeptieren die Kreditnehmer dafür – zehn Prozent oder mehr zahlen sie bei dem Berliner Institut. Dafür fragt sie aber auch keiner nach ihrem Schufa-Score, und sie können das Geld flexibel zurückzahlen.

Auch deshalb sind unter Gollans Kunden schon jetzt besonders viele Kunstsammler und -händler. Wird ihnen ein bedeutendes Werk angeboten, müssen sie schnell zusagen und sofort zahlen können – sonst bekommt ein anderer den Zuschlag. Viele verpfänden dann lieber eines ihrer Kunstwerke, als auf ein gutes Geschäft zu verzichten.

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