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Wirtschaft: Pilotenstreik: Flugkapitäne lassen 112 Lufthansa-Flüge ausfallen

Warnstreiks der Piloten haben am Mittwoch dazu geführt, dass mindestens 112 von 207 geplante Lufthansa-Flüge ausfielen. Knapp 10 000 Passagiere seien betroffen gewesen, teilte die Lufthansa mit.

Warnstreiks der Piloten haben am Mittwoch dazu geführt, dass mindestens 112 von 207 geplante Lufthansa-Flüge ausfielen. Knapp 10 000 Passagiere seien betroffen gewesen, teilte die Lufthansa mit. Nach einem Aufruf der Piloten-Vereinigung Cockpit (VC) hatten mehr als 200 Piloten und Copiloten von 6.30 Uhr bis 9.00 Uhr die Arbeit niedergelegt. Zu langen Warteschlangen kam es aber an den Flughäfen nicht, viele Reisende wichen offenbar auf Züge aus. Die Lufthansa teilte mit, alle betroffenen Passagiere seien "auf Wunsch unabhängig von ihrer Buchungsklasse kostenlos auf andere Flüge umgebucht" worden". Die Fluggäste hätten mit ihren Tickets aber auch die Bahn benutzen oder sich den Flugschein erstatten lassen können. Die Lufthansa kritisierte den Warnstreik scharf. Bei der Vereinigung Cockpit (VC), in der die Piloten zusammengeschlossen sind, hieß es auf Anfrage, bis zu den nächsten Tarifverhandlungen am kommenden Montag seien keine weiteren Streiks geplant.

Ohne das erwartete Chaos verlief der Streik auf dem Flughafen Tegel. Drei Flüge nach Düsseldorf und Stuttgart, zwei nach München sowie je einer nach Frankfurt und Köln / Bonn mussten gestrichen werden. In umgekehrter Richtung waren neun Maschinen betroffen. Danach kam es noch zu Verzögerungen. In Schönefeld startete ein Condor-Flug auf die Kanaren mit zweistündiger Verspätung. Die von zahlreichen Umsteigepassagieren genutzte Frankfurt-Route konnte weitgehend aufrechterhalten werden, sagte Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber. Die übrigen Strecken werden auch von der Deutschen BA bedient. Hier wurden die Reisenden entweder umgebucht oder nutzten mit ihrem Flugticket die Bahn.

Im mittlerweile acht Wochen dauernden Tarifkonflikt fordert die Vereinigung Cockpit Einkommenserhöhungen zwischen 18 und 33 Prozent. "Der Warnstreik war eine machtvolle Demonstration der Entschlossenheit des Cockpit-Personals", sagte Cockpit-Tarifexperte Thorsten Gommert. Die Lufthansa müsse nun ein Angebot vorlegen, das eine Grundlage für weitere Verhandlungen sein könne. Die Lufthansa kritisierte die Streiks als "überzogen, unnötig und unzulässig". Es werde geprüft, ob der Warnstreik rechtmäßig sei und gegebenfalls eine "Haftbarmachung der Beteiligten" erwogen.

Nach Angaben des Unternehmens folgt die VC mit ihren Warnstreiks einem ähnlichen Vorgehen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die in der vergangenen Woche das Bodenpersonal hatte streiken lassen; am Sonnabend war es dann zu einem Tarifabschluss gekommen: Die rund 51 000 Lufthansa-Mitarbeiter am Boden erhalten demnach vom 1. April an 3,5 Prozent mehr Lohn sowie eine Einmalzahlung.

Nach Angaben des Unternehmens fordert die Vereinigung Cockpit "Gehaltserhöhungen zwischen 38 und 70 Prozent". Diese Angaben weist die VC zurück. Rüdiger Fach, einer der Verhandlungsführer der VC, sagte gegenüber dem Tagesspiegel, die Bandbreite der geforderten Gehaltserhöhungen dürfte zwischen 18 und 33 Prozent liegen. Dies sei gerechtfertigt, weil die Lufthansa "weit unter dem Durchschnitt der weltweiten Wettbewerber" liege. "Wir wollen erheblich mehr verdienen", sagte Flach. Zur Vereinigung Cockpit gehören 6300 der rund 8000 in Deutschland tätigen Piloten. Bei der Lufthansa arbeiten derzeit 4300 Piloten.

Fach zufolge will die VC in den Tarifverhandlungen "einfachere und flexiblere Vergütungsstrukturen erreichen" und dabei den Anteil variabler Entgeltbestandteile erhöhen. Bislang ist es Fach zufolge so, dass bei jedem Pilot 73 Flugstunden/Monat im Grundgehalt abgegolten sind. Da im Schnitt aber 90 Stunden geflogen werden, müssen entsprechend Überstunden vergütet werden. Die VC will nun künftig 85 Stunden im Grundgehalt bezahlt sehen, was zum einen natürlich die Gehälter deutlich anhebt, zum anderen aber die Kosten für Überstunden reduziert, sagt Flach. Gleichzeitig fordert die Pilotenvereinigung eine "variable Vergütung", die Flach zufolge bis zu drei Monatsgehälter betragen soll. Diese Zusatzgehälter sollen die individuelle Leistung reflektieren, sich aber in der Höhe vor allem nach der Ertragslage des Unternehmens richten.

Aufgeteilt nach den einzelnen Pilotenstufen ergäbe sich nach den Vorstellungen der VC folgende Gehaltsstruktur: Für erste Offiziere soll es künftig ein Einstiegsgehalt von 135 000 Mark bei zwölf Monatsgehältern und 85 Flugstunden im Monat geben; alles in allem entspräche das einem Zuschlag um 18 Prozent. Ein Flugkapitän kommt zu Beginn der Karriere derzeit auf rund 230 000 Mark, die VC wünscht sich 300 000 (plus 32 Prozent). Ein Flugkapitän in der höchsten Gehaltsstufe, der etwa einen Jumbo steuert, soll künftig nach der Forderung der Pilotenvereinigung knapp 480 000 Mark bekommen; derzeit sind es etwa 370 000 Mark. Rechnet man die geforderten variablen Gehälter hinzu, dann könnte ein Jumbo-Pilot bis zu 600 000 Mark im Jahr kassieren.

alf, -du

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