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Viel zu tun. In vielen Familien kümmert sich noch immer die Frau um Kindererziehung und Haushalt.

© Getty Images/iStockphoto

Plädoyer zum Muttertag: Warum bleibt noch so viel Arbeit an der Mutter hängen?

Sie ist die Alles-können-Müsserin: Kindererziehung und Hausarbeit sind in vielen Familien immer noch größtenteils Aufgabe der Frau. Das müsste nicht sein. Ein Plädoyer zum Muttertag.

Von Carla Neuhaus

Windeln wechseln, das Kinderzimmer aufräumen, Wäsche waschen, staubsaugen. Noch immer ist all das meist: Aufgabe der Mutter. Obwohl sich die Rollenbilder in der Gesellschaft längst gewandelt haben, auch Väter öfter Elternzeit nehmen, bleibt in vielen Familien der Großteil der Arbeit weiter an den Frauen hängen. Laut einer Allensbach-Umfrage sagen zwei Drittel der Männer und Frauen gleichsam, in ihrer Partnerschaft übernehme die Frau immer noch den Großteil der „Familienarbeit“. Ohne die Mütter würde also in vielen deutschen Familien wenig funktionieren. Gewürdigt wird ihre Arbeit dennoch viel zu selten. Zeit, mal genauer hinzuschauen: Wie leben die deutschen Mütter? Was sind ihre Probleme? Und was könnte die Politik tun, um ihnen zu helfen?

Trotz Gleichstellung und Kita-Ausbau haben die Anforderungen an die Mütter in den vergangenen Jahrzehnten eher weiter zugenommen. Mehr Frauen als früher schlagen sich heute als Alleinerziehende durch. Wer in einer Partnerschaft lebt, fühlt sich oft hin- und hergerissen zwischen Karriere und Kindererziehung. Und selbst wer sich heute noch bewusst fürs Hausfrauen-Dasein entscheidet, hat es nicht leicht, muss seine Entscheidung rechtfertigen und um die Rente bangen.

Junge Paare wollen sich die Familienarbeit eigentlich teilen

Glaubt man aktuellen Statistiken, können noch immer die wenigsten Mütter (und Väter) ihr Leben so gestalten, wie sie es sich eigentlich wünschen. Bekommt ein junges Paar heute ein Kind, wollen die beiden in den meisten Fällen die Arbeit gerecht untereinander aufteilen – beide wollen zu gleichen Teilen das Kind versorgen und ihrem Beruf nachgehen. 60 Prozent der Eltern sagen heute, dass sie dieses Lebensmodell bevorzugen. In die Realität umsetzen können das aber die wenigsten: Gerade einmal 14 Prozent der Eltern gelingt es, sich Arbeit und Kindererziehung tatsächlich hälftig zu teilen.  So steht es in einem Report, den das Bundesfamilienministerium gerade veröffentlich hat.

Dabei hat es durchaus  Fortschritte gegeben. Geht es etwa um die Aufteilung der Elternzeit zu möglichst gleichen Teilen, ist Deutschland vorbildlich. Im OECD-Vergleich landet die Bundesrepublik in diesem Punkt auf Platz zwei hinter Schweden. Soll heißen: Lediglich die Schweden schaffen es, die Elternzeit noch gerechter zwischen Mutter und Vater aufzuteilen als die Deutschen. Die Frage ist jedoch, wie es nach der Elternzeit weitergeht. Und da beginnt das Problem.

Frauen stellen ihre Karriere immer noch hinten an

Denn noch immer sind es vor allem die Mütter, die auf ihre Karriere verzichten, um auch nach der Elternzeit die Kinder zu versorgen und den Haushalt zu schmeißen. Zwar sind die wenigsten heute noch reine Hausfrauen – fast 70 Prozent der deutschen Mütter sind durchaus erwerbstätig. Allerdings arbeiten überdurchschnittlich viele von ihnen (39 Prozent) nach der Geburt nur noch in Teilzeit.

Höher als hierzulande ist die Teilzeitquote unter Müttern im OECD-Vergleich lediglich in den Niederlanden und Österreich. Dazu kommt, dass die deutschen Mütter mit durchschnittlich 20 Stunden in der Woche auch für Teilzeit-Verhältnisse recht wenig arbeiten – und entsprechend wenig verdienen. Im Schnitt steuern sie gerade einmal 23 Prozent zum Familieneinkommen bei: so wenig wie in keinem anderen OECD-Land.

Wäre das eine bewusste Entscheidung der Mütter, würden sie nicht mehr arbeiten wollen – all das wäre kein Problem. Nur entspricht es nun mal eben nicht dem Wunsch vieler Mütter, die sich stattdessen mit dem Partner die Arbeit zuhause und im Job eigentlich ebenmäßig teilen wollen. Das kritisiert auch die OECD. „Nach der Geburt des ersten Kindes fallen Paare oftmals wieder in traditionelle Rollen zurück“, schreiben die Experten über die Situation in Deutschland.

Langfristig kann das nicht nur für die Partnerschaft ein Problem werden – sondern auch für die Gesellschaft. „Das schwächt nicht nur die wirtschaftliche Stellung von Frauen, angesichts des demografischen Wandels bleiben so auch wirtschaftliche Potenziale ungenutzt“, sagt OECD-Sozialexpertin Monika Queisser. Teilen sich Frau und Mann Arbeit und Kindererziehung dagegen zu gleichen Teilen, erhöht die Mutter ihre Arbeitszeit in der Regel stärker, als der Vater seine reduziert. Allein dadurch könnte die Fachkräftelücke bis 2030 um 120.000 Erwerbstätige verkleinert werden, zeigte jüngst eine Untersuchung im Auftrag des Bundesfamilienministeriums.

Experten fordern den Ausbau von Ganztagsschulen

Auch deshalb fordern Experten, die Politik müsse der Verbesserung der Erwerbschancen von Frauen „eine höhere Priorität einräumen“. Eine Gruppe um Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hat im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums untersucht, wo es an Investitionen mangelt. Demnach braucht Deutschland nicht nur neue Brücken, Autobahnen und schnelles Internet, sondern auch mehr Kinderbetreuungsplätze und Ganztagsschulen.

Bislang konzentriert sich die Politik bei der Entlastung der Eltern vor allem auf die Betreuung im Kita-Alter. Dabei müssen auch Schulkinder am Nachmittag betreut werden, wenn die Eltern arbeiten gehen. Noch besucht aber hierzulande nur ein Drittel der Kinder eine Ganztagsschule – und zwar obwohl 70 Prozent der Eltern sich das eigentlich wünschen würden. Deshalb führt die Einschulung der Kinder bislang auch eher dazu, dass Mütter ihre Arbeitszeit weiter reduzieren statt sie auszuweiten.

Um den Bedarf zu decken, müsste die Bundesregierung den Berechnungen der Experten zufolge allerdings 1,4 Milliarden Euro in den Ausbau von Ganztagsschulen stecken. Und selbst das wäre nur ein Anfang. In Ländern wie Dänemark oder Schweden, die besonders vorbildlich sind, was die Unterstützung berufstätiger Eltern angeht, gibt es zum Beispiel auch staatliche Betreuungsangebote in den Schulferien. In Deutschland haben Mütter wie Väter dagegen oft große Schwierigkeiten, die Ferienzeit zu überbrücken.

Nahles will ein Rückkehrrecht für Mütter

Um gerade Müttern den Wiedereinstieg in den Job zu erleichtern, schlägt die OECD zudem vor, einen „Anspruch auf Rückkehr in Vollzeit“ einzuführen. Für ein solches Rückkehrrecht setzt sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bereits ein. Doch ob daraus noch vor der Bundestagswahl etwas wird, ist fraglich. Die Union ist von dem Vorschlag bislang wenig begeistert.

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