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Wirtschaft: Platzverweis für American Express

Die Kreditkartenfirma sponsert das Wimbledon Tennis-Turnier - die Marke ist jedoch kaum zu sehen

Von Hannah Karp American Express, einer der größten Sponsoren der Welt bei Sportveranstaltungen, ist auch der erste neue Name bei den Sponsoren der Tennismeisterschaften von Wimbledon. Allerdings würde man das auf dem tadellos gepflegten Rasen des Wettbewerbsgeländes kaum merken: Auf der Anlage des All England Lawn Tennis Club im Südwesten Londons, wo das Turnier schon seit einer Woche läuft, findet sich nirgends der Name der New Yorker Kreditkartenfirma, nicht einmal an der Platzumrandung. American Express darf lediglich ein Empfangszelt aufstellen und kleine Werbekampagnen für seine Kartennutzer durchführen.

Immerhin darf das Kreditkartenunternehmen zusätzlich außerhalb der Anlage zwei Werbekampagnen veranstalten: Einmal auf einem Prunkschiff auf der Themse mit einem Rasenplatz, wo die Spieler, so hofft man bei American Express, ihr Talent zeigen werden (man ist noch dabei, Spieler dafür zu verpflichten). Das zweite Projekt ist eine riesige Leinwand auf der Tower Bridge mitten in London, auf der Tausende Fans die Spiele kostenlos verfolgen können. Zwar darf American Express Wimbledon in seinen Werbespots erwähnen, aber während der Übertragung des Turniers werden diese Spots nicht zu sehen sein. Denn die Tennismeisterschaften übertragen die öffentlichrechtlichen Programme der BBC. Und die zeigen grundsätzlich gar keine Werbespots.

Das Turnier von Wimbledon pflegt seit jeher ein altmodisches, elitäres Image. Erst seit letztem Jahr müssen sich die Spieler nicht mehr vor Mitgliedern der Königsfamilie im Publikum verbeugen. Und der Club besteht nach wie vor darauf, dass die Spieler überwiegend weiß tragen.

Diese Einstellung spiegelt sich auch in der Art und Weise wider, wie Wimbledon die Sponsoren und Werbefirmen behandelt. Immerhin ist es eines der prestigeträchtigsten Sportereignisse der Welt, und doch ist die Anzahl der Sponsoren auf eine Handvoll langjähriger Unterstützer begrenzt, die Wimbledon als „wesentlicher Teil des Tennissports“ erachtet: Zum Beispiel die Dunlop Slazenger Group Ltd., die seit mehr als hundert Jahren die offiziellen Tennisbälle des Turniers herstellt, Montres Rolex SA, der Betreiber der Anzeigentafel, sowie die International Business Machines Corp., die die Aufschlagsgeschwindigkeit festhält. Die Veranstalter verzichten weit gehend auf Sponsoren mit großen Namen und halten an englischen Firmen wie der Hugh Lowe Farms Ltd. fest, ein Familienbetrieb, der die Erdbeeren liefert, die mit Sahne in Wimbledon am Nachmittag serviert werden.

„Natürlich könnten wir schon morgen früh die Banden mit Werbung zupflastern und in diesem Jahr das große Geld machen", sagt Rob McCowen, der Marketingdirektor des All England Lawn Tennis Club. „Aber auf lange Sicht könnten darunter die Fernseheinnahmen leiden. Wir glauben, dass wir durch die zurückhaltende, markenlose, unkommerzielle Atmosphäre mehr Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehrechte erzielen".

Dabei könnte Wimbledon schätzungsweise zwischen 50 und 100 Millionen Pfund mehr einnehmen, wenn es mehr Sponsoren erlaubte; und weit über eine Milliarde, wenn Werbung an der Bande zu sehen wäre, meint Christopher Carroll, Vizepräsident der Beraterfirma GEM Group. „Der Himmel ist die Grenze dessen, was Wimbledon einnehmen könnte, wenn es diese Fläche verkaufte. So stark ist der Name", sagt Carroll.

Ohne falsche Bescheidenheit setzt der All England Lawn Tennis Club seine Regeln durch. McCowen sagt, er habe kürzlich das Angebot einer großen englischen Supermarktkette abgelehnt, die offizieller Lieferant für die unverzichtbaren Erdbeeren werden wollte. „Das erschien uns einfach zu kommerziell“, sagt er.

Bei American Express ist man nicht besorgt über die womöglich mangelnde Präsenz bei dem Ereignis. Das Unternehmen arbeite sein neues Sponsorship für Wimbledon in seine Werbung ein, sagt Nancy Smith, die bei American Express für das Marketing verantwortlich ist. So habe man bei einem Werbespot, der in den USA während der US Open ausgestrahlt wurde und in dem der Tennisstar André Agassi zeigt, wie er Tennisbälle auf dem Platz und Spielsachen zu Hause im Kinderzimmer aufhebt, einfach den Namen des Turniers geändert. Der Slogan heißt jetzt: „Lang leben Träume. Offizielle Karte von Wimbledon 2004."

Die Texte wurden übersetzt und gekürzt von Tina Specht (Fleisch), Svenja Weidenfeld (Wimbledon), Matthias Petermann (Kerry), Christian Frobenius (Raumfahrt und Chirac)

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