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Wirtschaft: Portugal steht unter dem Schirm

Lissabon erhält Hilfskredit über 78 Milliarden Euro

Brüssel - Als drittes Euroland erhält Portugal finanzielle Hilfe der anderen Mitgliedstaaten. Die EU-Finanzminister haben am Montagabend einstimmig vereinbart, insgesamt 78 Milliarden Euro an Krediten nach Lissabon zu überweisen. Das Milliardenpaket sei nötig, hieß es in einer Erklärung der Minister, „um die finanzielle Stabilität der gesamten Eurozone zu sichern“. Für die Notkredite müssen die Portugiesen 5,7 Prozent Zinsen bezahlen – weniger als die Iren, die zuletzt 6,2 Prozent aufbringen mussten, aber mehr als die Griechen, deren Zinssatz bereits auf 4,2 Prozent gesenkt worden ist.

Im Gegenzug für die über drei Jahre laufenden Hilfsmaßnahmen ist mit der Regierung in Lissabon ein Sanierungs- und Reformprogramm ausgehandelt worden, das kurz vor den Neuwahlen im Juni auch die Unterstützung der Opposition hat. Unabhängig davon, wer aus der Wahl als Sieger hervorgeht, sollen unter anderem die Arbeitslosenhilfe gekürzt, Überstundenzuschläge gekappt, Löhne im öffentlichen Dienst eingefroren, der Verwaltungsapparat verkleinert, die Mehrwertsteuer erhöht und mehrere Staatskonzerne privatisiert werden. „Das Programm ist gut, ehrgeizig und tragfähig“, sagte ein EU-Diplomat.

Je ein Drittel des Betrages übernehmen der Eurorettungsschirm, den die Eurostaaten mit Kreditgarantien ausstatten, die EU-Kommission über eine Bürgschaft des europäischen Haushalts sowie der Internationale Währungsfonds (IWF). In Brüssel wurde einmütig betont, das Fehlen von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn, der wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung am Sonntag festgenommen worden war, werde keine Auswirkungen auf die Bewältigung der Schuldenkrise haben. „Die Kontinuität beim Internationalen Währungsfonds ist gesichert, daran gibt es keinen Zweifel“, betonte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn. An dem Finanzministertreffen nahm statt Strauss-Kahn seine Stellvertreterin Nemat Shafik teil.

Nach der Verabschiedung der Portugalhilfe konzentrierten sich die Beratungen am Abend auf das Vorgehen bezüglich Griechenland. Mangelnden Fortschritt attestieren Brüsseler Finanzexperten bei der Eintreibung von Steuern und der Umsetzung des vereinbarten Privatisierungsprogramms. Seit dem offiziellen Eingeständnis, dass Athen trotz der bereits bewilligten 110 Milliarden Euro nächstes Jahr weiteren Finanzbedarf hat – spekuliert wird über Summen zwischen 30 und 60 Milliarden Euro –, werden verstärkt mögliche Optionen beraten. Dazu gehören eine weitere Absenkung des Zinssatzes und eine neuerliche Streckung der Rückzahlungsfristen. Christopher Ziedler

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