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Wirtschaft: Post aus Südafrika

Wie arbeitet man in Amerika und Afrika? Wie legt man Geld in Japan oder in Russland an?

Wie arbeitet man in Amerika und Afrika? Wie legt man Geld in Japan oder in Russland an? Fernab von den Nachrichten über Fusionen und das Auf und Ab an den Börsen berichten Korrespondenten immer sonntags über Menschen hinter den Wirtschaftsnachrichten - in Washington, Tokio, Moskau und Kapstadt.

Wenn die südafrikanische Popsängerin Brenda Fassie in ihren Konzerten den Song "Zola Budd" anstimmt, merken auch Uneingeweihte schnell, dass es sich hier um keine Hymne auf die Mittelstreckenläuferin handelt. Stattdessen geht es um etwas, dass wegen seiner Schnelligkeit und Ausdauer nach der weißen Läuferin vom Kap benannt ist: um einen Minibus, der als Sammeltaxi zwischen Stadt und schwarzem Township pendelt.

Waren Taxen für Schwarze vor wenigen Jahren am Kap noch fast unbekannt, gehören sie heute zum vertrauten Straßenbild. Von knapp 800 ist ihre Zahl seit 1987 auf über 6000 gewachsen - und steigt weiter. Mit einem Umsatz von umgerechnet fast drei Milliarden Mark ist der Taxibetrieb heute eine der größten schwarzen Industrien am Kap und hat vielerorts Bahn und Bus an Bedeutung weit übertroffen.

Doch die Erfolgsgeschichte hat ihre dunklen Seiten: Neben den blutigen Rivalitäten um die lukrativsten Routen, haben das rüpelhafte Verhalten der Fahrer und die fehlende Verkehrstauglichkeit vieler Taxen die Branche landesweit schwer in Verruf gebracht. Sammeltaxen sind weit häufiger als andere Verkehrsteilnehmer in Unfälle verwicklt.

Den besten Anschauungsunterricht dafür bietet die morgendliche Fahrt auf der Stadtautobahn N2. Wie im Stadtverkehr halten die Lastentaxis auch hier bisweilen ohne jede Vorwarnung, um Passagiere aussteigen zu lassen. Oder sie fahren so, dass andere Autos auf dem grünen Mittelstreifen Zuflucht suchen.

TÜV-Mitarbeiter aus Deutschland würden bei einer Inspektion südafrikanischer Sammeltaxen vermutlich einen Nervenzusammenbruch bekommen. Das Taxi mit dem unheilvollen Namen "Streetfighter" hat zum Beispiel weder Hand- noch Fußbremse. Und statt eines Tanks steht neben dem Fahrersitz ein Plastikkanister mit Benzin, der per Schlauch mit dem Motor verbunden ist. Mag dieses Fahrzeug auch ein Extremfall sein, sind abgewetzte Reifen und kaputte Lichter die Regel.

Zudem drängt das Geschäft die Fahrer ihre Fahrzeuge zu überladen. So ist es nicht ungewöhnlich, 20 und mehr Menschen aus einem Sammeltaxi aussteigen zu sehen - obwohl das Gesetz maximal 13 Personen pro Gefährt erlaubt. Allerdings gibt es eine Zeit, zu der die Fahrer ihren Wagen nicht bis zum Bersten füllen. Gegen 17 Uhr kann man am Kapstädter Taxiterminal einen Frauenchor aus dem Taxi hören: "Bold, Bold, Bold." Der Ruf ist die Abkürzung für die amerikanische Seifenoper "The Bold and the Beautiful", die von Montag bis Freitag im ersten Programm um sechs Uhr anfängt und die kaum eine Frau in den Townships freiwillig verpasst. Da lassen sich selbst hart gesottene Männer wie der Fahrer des "Streetfighters" zur verfrühten Abfahrt erweichen.

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