zum Hauptinhalt
Joop steigt bei Schiesser ein.

© dpa

Potsdamer Feinripp: Modemacher will Schiesser an die Börse bringen

Nun ist es amtlich: Joop wird in Zukunft die Geschicke von Schiesser leiten. Der Modemacher soll die Schiesser AG auch an die Börse bringen.

Ab sofort hält der Glamour der internationalen Modeszene Einzug bei Schiesser, ein Hauch von Haute Couture weht künftig bei dem konservativen Unternehmen in Radolfzell am Bodensee. Denn seit Dienstag ist klar: Wolfgang Joop, der Modedesigner aus Potsdam, bekommt den Zuschlag für den insolventen Wäscherhersteller.

Joop übernimmt vermutlich einen Minderheitsanteil von Schiesser und begleitet den geplanten Börsengang. Doch vor allem soll er als Berater der verstaubten Marke und der altbackenen Feinrippwäsche zu neuem Glanz verhelfen. „Wir sehen Wolfgang Joop als Botschafter für ein frischeres Image und ein moderneres Design“, sagte Insolvenzverwalter Volker Grub am Dienstagnachmittag dem Tagesspiegel und fügte schwärmend hinzu: „Er ist unser Held.“

Am Montagabend hatten sich die Gläubiger von Schiesser – Vertreter von Banken, Kreditversicherern und den Mitarbeitern – auf Joop verständigt. Zwei andere, anonyme Bieter hatten das Nachsehen. Ein Finanzinvestor und ein strategischer Investor sollen es gewesen sein, die anders als Joop Schiesser als Ganzes übernommen hätten.

Vor der Entscheidung warben die drei Kandidaten am Nachmittag noch einmal für ihre Pläne und, wie man erwarten konnte, gelang Joop ein glänzender Auftritt. Er setzte weniger auf Worte, als auf ein symbolisches Outfit: Statt mit Anzug und Krawatte erschien der Potsdamer im weißen Feinrippunterhemd. Das überzeugte. „Wir sind beeindruckt, wie sehr sich Joop mit Schiesser identifiziert“, erklärte Grub.

Joop selbst reagierte am Dienstag mit einer knappen Meldung. Er freue sich darauf, seine Erfahrung in der Modebranche einzubringen. „Schiesser verfügt über eine großartige Belegschaft und eine starke Marke“, sagte Joop. Diese Aussage stieß in Radolfzell, wo 500 der knapp 2000 Beschäftigten von Schiesser arbeiten, auf offene Ohren. „Wir freuen uns, dass Herr Joop an uns glaubt“, sagte Betriebsratschef Bertram Kempter.

Dabei wagt sich Joop auf neues Terrain. Bisher bringt man den neben Karl Lagerfeld und Jil Sander bedeutendsten deutschen Designer nicht mit Schlüpfern und BHs in Verbindung. Im Gegenteil: Seine Firma Wunderkind schneidert eher Herrenanzüge und Damenkleider, die schon mal 3000 Euro kosten.

Und doch hatte man zuletzt mit Joops Einstieg gerechnet. Spätestens seit der Insolvenzverwalter vor knapp einem Monat öffentlich für ihn geworben hatte. Auch jetzt scheint Grub die Fäden gezogen zu haben. Er habe die Gläubiger „entscheiden lassen“, erklärte er. Der 65-jährige Joop hat es offenbar verstanden, den 72-jährigen Grub für sich zu gewinnen. Dabei prallten mit dem schwäbischen Juristen und dem schillernden Modezar zwei Welten aufeinander. Das erste Treffen im Sommer 2009 erzeugte noch Misstöne. „Der Herr hat mir wohl übel genommen, dass ich nicht sofort mit fliegenden Fahnen an ihn verkauft habe“, sagte Grub damals. Heute klingt das so: „Wolfgang und ich haben ein herzliches Verhältnis.“

Die neue Tonlage liegt auch daran, dass Joop seine Pläne geändert hat. Anfangs wollte er Schiesser mit einer Reihe von internationalen Finanziers komplett übernehmen, heute begnügt er sich mit deutlich weniger. Wie groß genau Joops Anteil sein wird und wie viel er dafür zahlt, soll sich erst in den kommenden Wochen klären. Den Rest will Grub an der Börse anbieten. „So bald wie möglich“, wie er sagt, wahrscheinlich aber nicht mehr in diesem Jahr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false