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Wirtschaft: Private Müllbetriebe wollen in Brüssel klagen Firmen wehren sich gegen kommunale Entsorger

Düsseldorf - Die Rück-Verstaatlichung der Müllabfuhr, mit der immer mehr deutsche Städte und Landkreise private Abfallentsorger aus dem Geschäft drängen, dürfte schon bald die EU-Kommission beschäftigen. „Wir werden in den nächsten Wochen dagegen eine Beschwerde in Brüssel einreichen“, sagte Stephan Harmening, Chef des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE).

Düsseldorf - Die Rück-Verstaatlichung der Müllabfuhr, mit der immer mehr deutsche Städte und Landkreise private Abfallentsorger aus dem Geschäft drängen, dürfte schon bald die EU-Kommission beschäftigen. „Wir werden in den nächsten Wochen dagegen eine Beschwerde in Brüssel einreichen“, sagte Stephan Harmening, Chef des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE). Harmening kritisiert, dass öffentlich-rechtliche Betriebe von der Mehrwertsteuer befreit sind, private dagegen nicht. „Spätestens seit der Erhöhung dieser Steuer auf 19 Prozent sehen wir hier eine enorme Wettbewerbsverzerrung“, kritisiert Harmening. Der Grund für die Steuerbefreiung: Die Müllentsorgung in Deutschland fällt gesetzlich unter die hoheitlich zu regelnde „Daseinsvorsorge“.

Vor elf Jahren hatte es das Kreislauf- und Abfallgesetz den Kommunen ermöglicht, private Betriebe mit der Müllabfuhr zu beauftragen. Die europaweite Ausschreibung der Dienstleistungen, so die Absicht, sollte für Wettbewerb sorgen und die Müllgebühren senken.

Doch der Anteil der Privatunternehmen, die vor einem Jahr noch 63 Prozent aller grauen Hausmülltonnen leerten, schrumpft derzeit rapide. Denn während Freibäder und öffentlicher Nahverkehr den Kommunen hohe Verluste bescheren, beobachten immer mehr Bürgermeister bei den privaten Abfallunternehmen, wie sich mit der Hausmüllentsorgung Geld verdienen lässt. Die Folge: In mehr als 15 Landkreisen übernahmen die Gemeinden wieder die Abfallentsorgung.

Und weitere könnten folgen. „Uns rufen viele Städte und Gemeinden an, die ebenfalls darüber nachdenken“, berichtet Achim Schröter, stellvertretender Geschäftsführer beim Verband kommunaler Abfallwirtschaft und Stadtreinigung (VKS).

Allerdings räumt Schröter gute Chancen für Harmenings Vorstoß gegen die ungleiche Mehrwertsteuerbehandlung ein: „In Brüssel sieht man die Daseinsvorsorge wegen der Forderung nach freiem Warenverkehr leider sehr kritisch“, bedauert er. Tatsächlich hatte der BDE schon vor einem Jahr bei einem Vorstoß gegen die Mehrwertsteuerbefreiung kommunaler Abwasserbetriebe aus dem Brüsseler Kommissariat für Steuern und Zölle nach eigenen Angaben „äußerst positive Signale“ erhalten. „Schließlich gibt es so etwas außer in Deutschland nur noch in Irland“, gibt sich BDE-Chef Harmening siegesgewiss.

Es ist allerdings fraglich, ob ein Sieg in Brüssel die Rückkehr der 13 Milliarden Euro schweren Hausmüllerfassung an die Kommunen stoppen würde. Denn sobald eine Kommune die Eigenregie bei der Müllabfuhr ergreift, kann sie auf eine Ausschreibung verzichten. Wehren können sich die Unternehmen dagegen nicht. Für eine anschließende Gebührenerhöhung reicht das Votum des Gemeinderats. „Die rein kommunalen Gesellschaften haben schon heute die höchsten Gebühren“, sagt Harmening.

Für den VKS jedoch ist dies noch kein Argument für die Privatisierung. „Dafür bieten wir sozialverträgliche Arbeitsplätze mit bis zu 25 Prozent höheren Gehältern“, sagt Schröter. Wenn man den Müllwerkern ordentliche Löhne zahle, glaubt er, entlaste dies die Sozialkassen. Bei der privaten Konkurrenz treffen solche Vorstellungen auf strikte Ablehnung. „Wir dachten, die Zeiten der Planwirtschaft seien in Deutschland vorbei“, wundert sich Axel Bahr vom Berliner Entsorger Alba. cs (HB)

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