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Wirtschaft: Rechnungshof kritisiert Maut-Zeitplan

Prüfbericht weist Toll Collect die Hauptschuld am Desaster zu

Berlin - Der Bundesrechnungshof hat die Bundesregierung und das Maut-Konsortium Toll Collect scharf kritisiert. In einem noch nicht veröffentlichten Prüfbericht zur verpatzten Einführung der Lkw-Maut im Herbst 2003 heißt es nach Informationen des Tagesspiegels, dass vor allem die Zeitplanung angesichts der technischen und organisatorischen Fragen viel zu knapp gewesen sei. Der Rechnungshof meint sogar, Bund und Toll Collect hätten sich bis Herbst 2005 mit dem Start Zeit nehmen müssen, um Pannen zu vermeiden.

Nach den im Frühjahr mit der Regierung getroffenen neuen Vereinbarungen soll die Maut nun ab 1. Januar 2005 erhoben werden. Irritationen gab es in der letzten Zeit um die Frage, ob bis dahin ausreichend Bordcomputer in die Lkw eingebaut sein werden, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. Die Bestellungen gehen nur schleppend ein. Außerdem hatte es im Sommer noch einige technische Probleme gegeben. Laut Toll Collect werden etwa 300 000 Geräte bis Jahresende eingebaut sein. Das Speditionsgewerbe hält aber mindestens 400 000 für notwendig, um Staus vor den Buchungsautomaten an Autobahnparkplätzen zu vermeiden.

Vor dem Hintergrund der Milliarden-Einnahmeausfälle und des ungeklärten Streits um eine Entschädigung durch die Maut-Konsorten Daimler-Chrysler, Deutsche Telekom und Cofiroute kritisiert der Rechnungshof auch die viel zu geringen Vertragsstrafen. Nach Meinung der Prüfer hätten diesen Strafen höher ausfallen müssen, gerade weil die beteiligten Unternehmen jegliche vertraglich zugesicherte Garantie verweigert hätten. Das bestätigte Franziska Eichstädt-Bohlig dem Tagesspiegel.

Die grüne Haushalts- und Verkehrspolitikerin fordert deshalb: „Der Bund hätte mehr rausholen müssen.“ Laut Vertrag zahlten die Toll-Collect-Gesellschafter in den ersten drei Monaten 7,5 Millionen Euro Strafe für die Verzögerung, seitdem sind es monatlich 15 Millionen Euro. Der gesamte Einnahmeausfall des Bundes beträgt für das Jahr 2004 allein 2,8 Milliarden Euro. Ein Schiedsgericht soll nun darüber entscheiden, ob dem Bund Regress in Milliardenhöhe zusteht. Nach Angaben Eichstädt-Bohligs weisen die Rechnungsprüfer dem Maut-Konsortium die Hauptschuld für das Desaster bei der Einführung zu. Die Unternehmen seien vertragliche Vereinbarungen eingegangen, die sie nicht hätten halten können.

Toll Collect sei zudem kurz vor Vertragsabschluss 2002 eine zusätzliche Vergütung von 700 Millionen Euro gewährt worden, um einen Konkurrenten in das System mit aufzunehmen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Damit habe eine Klage des abgewiesenen Wettbewerbers verhindert werden sollen. Toll Collect hatte die Vereinbarung mit der Bundesregierung wenige Tage vor der Bundestagswahl 2002 unterschrieben.

Der Haushaltsausschuss des Bundestages will sich am Mittwoch mit dem Prüfbericht, der nur die Zeit vor der geplanten Einführung des Systems untersucht, befassen. Zu der Sitzung wird auch Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) erwartet.

Dieter Fockenbrock

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