zum Hauptinhalt

Reisebranche: Tui fusioniert mit First Choice zu Tui Travel

Der umsatzschwache Tui-Konzern will durch die Fusion mit dem britischen Konkurrenten First Choice einen der profitabelsten Touristikkonzerne der Welt schmieden. Deutsche Arbeitsplätze sollen "nicht direkt" betroffen sein.

Hamburg/London - Das neue Unternehmen heißt Tui Travel, hat seinen Sitz in London und soll dort an die Börse gebracht werden. Für die Arbeitsplätze bei Tui in Deutschland habe die Fusion keine "unmittelbaren Auswirkungen", sagte Konzernchef Michael Frenzel. Erst vor wenigen Wochen hatte die KarstadtQuelle-Tochter Thomas Cook den britischen Reiseveranstalter MyTravel übernommen. First Choice gilt in der Branche als Ertragsperle.

An der Börse machte die Tui-Aktie einen Sprung und legte zeitweise um 14 Prozent zu - obwohl Europas größter Tourismus- und Schifffahrtskonzern 2006 tief in die roten Zahlen rutschte. Branchenexperten beurteilten die Fusion des mit Abstand wichtigsten Geschäftsfeldes Touristik mit First Choice positiv. Frenzel sagte, Tui treibe mit der Fusion die Konsolidierung in der europäischen Tourismusbranche aktiv voran. Der Zusammenschluss sei für Tui ein "entscheidender Schritt voran". In den vergangenen Jahren war die Tui wegen ihres vergleichsweise geringen Börsenwerts mehrfach als Übernahmekandidat gehandelt worden. Finanzinvestoren hatten von Frenzel eine Zerschlagung des Konzerns gefordert.

Neuer Chef wird Peter Long

An dem neuen Unternehmen Tui Travel hält die Tui AG die Mehrheit von 51 Prozent, First Choice 49 Prozent. Tui bringt in das neue Unternehmen seine touristischen Aktivitäten ein, mit Ausnahme der Hotelbeteiligungen. Dieses profitable Geschäft will die Tui eigenständig ausbauen. Die Schifffahrtssparte Hapag-Lloyd ist von der Fusion nicht betroffen.

Chef der neuen Tui Travel PLC wird der bisherige First Choice-Chef Peter Long. Frenzel übernimmt den Posten des so genannten Chairman der Tui Travel. Dies ist in etwa vergleichbar mit dem deutschen Posten des Aufsichtsratschefs. Tui Travel übernimmt von Tui Schulden sowie Pensionsverbindlichkeiten in Höhe von rund 875 Millionen Euro. Die Fusion steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der First Choice-Aktionäre sowie der Kartellbehörden. Der Tui Aufsichtsrat gab in der Nacht grünes Licht.

Künftig 48.000 Beschäftigte

Die neue Gruppe hat einen Umsatz von insgesamt 17,6 Milliarden Euro pro Jahr und 27 Millionen Kunden in mehr als 20 Märkten. Der Branchenzweite Thomas Cook kommt nach der Fusion mit MyTravel auf einen Umsatz von rund 12 Milliarden Euro. First Choice setzte 2006 rund vier Milliarden Euro um. Die Tui verzeichnete in ihrer Touristiksparte Erlöse von 14,1 Milliarden Euro - das war der Löwenanteil des Konzernumsatzes von 20,9 Milliarden Euro. Die Hotelbeteiligungen erzielten für sich einen Umsatz von 347 Millionen Euro.

Der neue Reiseriese Tui Travel hat nach Unternehmensangaben künftig weltweit rund 48.000 Beschäftigte, 101 Veranstaltermarken, mehr als 3500 Reisebüros sowie sieben Fluggesellschaften mit mehr als 150 Flugzeugen. Bei First Choice arbeiten bisher 15.000 Menschen; Tui bringt ins neue Unternehmen rund 33.000 Beschäftigte ein.

Die Tui ist in ihrem Kerngeschäft Touristik mit einer Rendite von rund 2,5 Prozent bisher nicht sehr rentabel, First Choice dagegen kommt auf einen Branchenspitzenwert von rund 5 Prozent und ist besonders stark im derzeit gefragten Sektor Baustein- und Zielgruppenreisen, in denen die Tui relativ schwach vertreten ist.

Deutsche Arbeitsplätze nicht betroffen

Tui und First Choice erwarten durch die Fusion Synergieeffekte von 146 Millionen Euro. Arbeitsplätze bei der Tui in Deutschland seien "nicht direkt" betroffen, hieß es. Ein Großteil der Synergien entfalle auf den britischen Markt. Welche Auswirkungen das auf die Arbeitsplätze in Großbritannien habe, stehe noch nicht fest und müsse in den kommenden Monaten ermittelt werden. Bei seiner britischen Tochter Thomson hatte die Tui in der Vergangenheit mehrere hundert Stellen gestrichen und im Dezember weiteren Jobabbau angekündigt.

Am Tui-Konzernsitz Hannover soll angesichts der Fusion mit First Choice die geplante Verschmelzung von Tui AG und Tui Deutschland wegfallen. Die Tui AG sei künftig eine "strategische Managementholding", welche die beiden Geschäftsfelder Touristik und Schifffahrt steuere. Eine Verlegung des Konzernsitzes nach London sei nicht geplant.

Die Schifffahrtssparte Hapag-Lloyd mit Sitz in Hamburg bleibt von der Fusion unberührt. Sie hatte 2006 große Probleme und trug maßgeblich zum Sturz des Konzerns in die Verlustzone bei. Grund waren unter anderem geringere Frachtraten und gestiegene Ölpreise. Unterm Strich verzeichnete der Konzern beim Konzernergebnis nach Steuern ein Minus von 846,6 Millionen Euro. Im Vorjahr hatten noch 496,3 Millionen Euro Gewinn in der Bilanz gestanden. (tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false