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Wirtschaft: Reisebranche versteht nichts vom Klima

Das ergab eine Umfrage unter Ausstellern auf der ITB. Zu der Messe kamen so viele Besucher wie nie

Berlin - Die Internationale Tourismus- Börse ist mit einem Besucherrekord und herausragenden geschäftlichen Erfolgen zu Ende gegangen – die Haltung der Branche zum Klimawandel hat sie aber kaum verändert. Das ergibt sich aus einer wissenschaftlichen Befragung von 195 Ausstellern. „Obwohl unter den Befragten ein hohes allgemeines Problembewusstsein besteht, herrscht eine breite Unkenntnis über die konkreten Ursachen und geeignete Gegenmaßnahmen“, berichteten die beiden Tourismus-Professoren Dagmar Lund-Durlacher und Wolfgang Strasdas von der Fachhochschule Eberswalde am Sonntag.

Mit exakt 177 154 Besuchern war „das größte Reisebüro der Welt“ diesmal größer als je zuvor. Der Zuwachs verlangsamte sich aber deutlich: Das Besucherplus betrug 8,8 Prozent, während es im Vorjahr noch 14,4 Prozent gewesen waren. Das lag vor allem daran, dass die Zahl der Privatbesucher, die in die Hallen unter dem Funkturm strömten, mit rund 68 000 ziemlich konstant blieb.

Dagegen zählte die Messe fast 109 000 Fachbesucher und damit 15 Prozent mehr. Erstmals in der 41-jährigen ITB- Geschichte wurde damit die Marke von 100 000 Einkäufern und Anbietern überschritten. Der Anteil der Fachbesucher aus dem Ausland stieg von 41 auf 43 Prozent. Und das Geschäft brummte: Die Aussteller meldeten an den fünf Tagen Abschlüsse von mehr als fünf Milliarden Euro. Themen der Kongresse am Rande der ITB waren die Auswirkungen der weltweiten Klimaveränderung auf die Reisebranche, die Entwicklung bei den Billigfliegern sowie der boomende Markt für Kreuzfahrten und Städtereisen. Kernbotschaft der jährlich vorgestellten Reiseanalyse diesmal: Die Deutschen lassen sich trotz des Klimawandels ihre Urlaubspläne nicht vermiesen. Marktforscher und Branchenexperten gehen sogar von steigender Reiselust in diesem Jahr aus.

Nach Einschätzung von Christian Göke, Geschäftsführer der Messe Berlin, hat die ITB „ihre Position als weltweit führende Marketingplattform der Reiseindustrie ausgebaut“. Die Branche habe sich auch ein Bild davon machen können, „wie sich das globale Nachfrageverhalten aufgrund des Klimawandels verändern wird“. Der Generalsekretär der UN-Tourismusorganisation UNWTO, Francesco Frangialli, sagte, die Branche lerne dazu. Der Ansatz müsse sein, konstruktiv auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren, „ohne den grundlegenden Anspruch aufzugeben, Tourismus als Werkzeug im Kampf gegen Armut einzusetzen“.

Die Tourismusfirmen selbst betrachten ihren Anteil an der Erderwärmung aber als mäßig bis gering, wie die Umfrage zeigte. „Als geeignete Gegenmaßnahme wird vor allem der Einsatz neuer Technologien gesehen. In Deutschland sieht immerhin knapp ein Drittel der Befragten auch fiskalische und politische Regelungen als geeignete Instrumente an“, sagte Lund-Durlacher. Dass man Treibhausgase durch Investitionen in Umweltprojekte – zum Beispiel Aufforstungen – kompensieren kann, haben 70 Prozent der Befragten zwar schon mal gehört, aber mehr als die Hälfte kennt keine Details, und nur eine Minderheit hält etwas davon.

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