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Wirtschaft: Rentenreform: Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Der Wettbewerb um die Riester-Rentner ist voll entbrannt. Schon jetzt buhlen die Versicherungskonzerne mit ganzseitigen Anzeigen um die Gunst neuer Kunden.

Der Wettbewerb um die Riester-Rentner ist voll entbrannt. Schon jetzt buhlen die Versicherungskonzerne mit ganzseitigen Anzeigen um die Gunst neuer Kunden. "Kein Witz. Vater Staat schenkt Ihnen für die Altersversorgung einen dicken Batzen dazu: Die Förderrente", wirbt zum Beispiel die Victoria Lebensversicherung für die staatliche Förderung und ihr eigenes neues Produkt. Und auch der Marktführer Allianz lässt sich nicht lumpen. Die Versicherung hat den Magazinen zum Wochenanfang gleich eine ganze Hochglanzbeilage zur Altersvorsorge beigelegt. Die Branche weiß warum: Nur wer schnell ist, bekommt viele neue Kunden. Und der Markt, um den sich Versicherungen, Banken, Fondsgesellschaften, Finanzmakler und neuerdings auch die Gewerkschaften streiten, ist gewaltig. Allein im nächsten Jahr, wenn die staatliche Förderung anläuft, werden zusätzlich rund 17 Milliarden Mark gespart. Das schätzt das Investmenthaus M. M. Warburg & Co in Hamburg. Und 2008, wenn die staatliche Förderung ihren vollen Umfang erreicht, könnten es rund 130 Milliarden Mark sein. Kein Wunder, dass sich die Finanzdienstleister mächtig ins Zeug legen. Grafik: Die neue Rente Allen voran eilen die Versicherungen. Sie wollen mehr als die Hälfte von diesem Kuchen abbekommen. Und ihre Chancen sind nicht schlecht. Denn ihre bisherigen Produkte ähneln den "Riester-Produkten" am meisten. Sie können schon heute die einbezahlten Beträge und eine lebenslange Rente garantieren. Schon jetzt neue Versicherungen auf den Markt zu bringen, ist für sie deshalb leichter als für andere.

Die Fondsgesellschaften tun sich schwerer. Das Kriterium, mindestens die einbezahlten Beträge zu Anfang der Rente voll zur Verfügung zu stellen, bereitet den Fondsgesellschaften Kopfzerbrechen und viel Arbeit. Nur wenige äußern sich deshalb schon öffentlich über ihre "Riester-Produkte". Und wenn sie es tun, wie etwa die Deutsche-Bank-Tochter DWS, dann heißt es ganz klar: "Die Zusage des Kapitalerhalts führt zu Absicherungskosten und Renditeverzicht." Und solange die Zertifizierungsstelle ihren Fonds nicht das Siegel "förderfähig" aufgedrückt hat, wollen wenige auf den Markt.

Im Nebel stochern viele Kunden auch dann, wenn es um eine förderfähige Immobilienfinanzierung geht. Die Regierung hat zwar auch die Immoblie als Anlage in das Gesetz aufgenommen, für wen sich das Entnahmemodell rechnet, ist bisher aber noch ungewiss. Für den Rentner von morgen also keine leichte Situation. Zwar wissen sie meist, dass die gesetzliche Rente immer knapper ausfallen wird und sie deshalb rechtzeitig genügend Geld für die Altersvorsorge - privat oder betrieblich - auf die Seite legen müssen. Doch wie sie sparen sollen, ist ihnen oft noch ein Rätsel. Verbraucherschützer raten den Anlegern, sich nicht beschwatzen zu lassen, sich gut zu informieren und mit Vertragsabschlüssen noch einige Monate zu warten. "So lange es noch nicht einmal die Stelle gibt, die die Riester-Produkte zertifizieren soll, sollte niemand einen Vertrag unterschreiben", sagt Wolfgang Scholl von der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Das Amt wird erst zur Jahresmitte seine Arbeit aufnehmen. Doch auch der Stempel dieser Zertifizierungstelle ist kein Gütesiegel. Es besagt nur, dass bestimmte Kriterien wie eben der Beitragserhalt erfüllt werden. "Es sagt nichts über die Güte des Managements, die Rendite eines Fonds oder einer Versicherung oder über die Abschlusskosten aus." Karl Panzer vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin gibt auch zu bedenken, dass ein Kunde nach dem Altersvermögensgesetz zwar auch das geförderte Produkt wechseln kann, ein solcher Wechsel aber mit Kosten verbunden sei. "Jeder sollte deshalb gut überlegen, wo er abschließt und was er abschließt", sagt er. Niemand solle auch dem Irrtum erliegen, mit einer "Riester-Rente" schon genügend für seine Altersvorsorge getan zu haben. Sie schließe nur die neu entstandene Lücke. Denn künftig erhalte ein Rentner nicht mehr 70, sondern nur noch 67 Prozent von seinem durchschnittlichen Nettoeinkommen. Dies gelte aber auch nur für den so genannten Eckrentner, der tatsächlich 45 Jahre in die geseztliche Rentenversicherung einbezahlt habe. Wer seinen bisherigen Lebensstandard sichern wolle, müsse noch viel mehr sparen.

Verbraucherschützer warnen außerdem davor, sich bei fondsgebundenen Rentenversicherungen oder Fonds durch eine gute Wertentwicklung in der Vergangenheit blenden zu lassen. Je nach Aktienanlage und Börsensituation können die Renditen auch einmal negativ ausfallen. "Wer allerdings in jungen Jahren anfängt zu sparen und vor dem Rentenalter genügend Zeit hat, in sichere Papiere umzuschichten, fährt mit einer stärker aktien-orientierten Anlage nicht schlecht", sagt Scholl.

Jeder sollte sich aber auch über die Möglichkeiten der betrieblichen Altersvorsorge informieren: Denn sie wird von Riester noch extra gefördert. Schon jetzt kann jeder bis zu vier Prozent seines Bruttoeinkommens steuerfrei und bis 2008 auch sozialabgabenfrei in eine Pensionskasse oder in einen Pensionsfonds einzahlen. "Das kann sehr interessant sein", sagt Panzer. Versteuert werden müsse erst die spätere Rentenleistung. Außerdem habe sich der Arbeitnehmer dadurch noch nicht den Anspruch auf eine Zulage oder die steuerliche Förderung vergeben. Möglicherweise regelt auch auch der Tarifvertrag eine geförderte betriebliche Altersvorsorge.

Karin Birk

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