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Guter Kunde. Firmenchef Alfred Ritter isst täglich selten weniger als eine Tafel, erzählt man sich im Unternehmen.

© picture alliance / dpa

Unternehmen: Ritter-Schokolade wird 100

Der Runde des Tafelritters: Der Schokoladenhersteller Ritter Sport feiert sein 100-jähriges Jubiläum. Nach zwischenzeitlicher Krise steht er bestens da.

Von Maris Hubschmid

Berlin - Praktisch und gut war bei Ritter zuallererst eine Frau. Clara Ritter, die mit dem Chef einer Schokoladenfirma verheiratet war, legte mit ihrer Idee den Grundstein für das Unternehmen, das an diesem Wochenende sein 100-jähriges Bestehen feiert: Auf einem Fußballplatz in der schwäbischen Provinz beobachtete sie, dass einige Zuschauer Schokolade mitgebracht hatten, die sie in der Jackentasche bei sich trugen. Überall sah sie die längliche Tafel herausragen. Manch einem knickte sie deshalb ab, anderen fiel sie beim Torjubel aus der Tasche.

Es bräuchte eine Schokolade, die bei gleichem Gewicht handlicher und somit besser zu transportieren sei, eröffnete Clara Ritter ihrem Mann Alfred. Die Schokolade für’s Sportsakko war geboren: die erste Ritter-Sport-Schokolade in der quadratischen 100-Gramm-Packung. So besagt es die Firmenlegende. Heute steht auf dem einstigen Fußballplatz ein Schokoladenmuseum.

Die Alfred Ritter GmbH verzeichnet einen Umsatz von 330 Millionen Euro im Jahr, täglich verlassen 2,5 Millionen Tafeln Waldenbruch, wo das Unternehmen noch immer sein Sitz hat. 900 Menschen sind dort beschäftigt. In Deutschland erreicht Ritter bei Tafelschokolade einen Marktanteil von 24 Prozent. Rund ein Drittel des Geschäfts wird im Ausland gemacht, in 90 Ländern kennt man „Quality in a square“, wie die Schokolade im englischsprachigen Raum beworben wird.

„Am besten gehen seit jeher Vollmilch-Nuss, Dunkle Nuss und Nougat“, heißt es. Der Ruf des Nussspezialisten ist auch den vergleichsweise dicken Tafeln geschuldet, in die ganze Nüsse passen. Diese Vorliebe seiner Kunden macht Alfred Theodor Ritter, der die Firma seit 2005 leitet, gelegentlich auch zu schaffen: Neben Kakao zählen Nüsse zu den Rohstoffen, die den größten Preisschwankungen unterliegen. So hat sich der Preis für eine Tonne Haselnüsse am Markt in den letzten Jahren verdoppelt.

Eigentlich hatte der 59-Jährige nicht vor, der nächste Schokoladenritter zu werden. Das lag nicht an mangelnder Wertschätzung: Weil er als Kind sehr mager war, ordnete der Arzt täglichen Schokoladenkonsum an. Ein Ritual, an dem er auch im Erwachsenenalter gerne festhielt. Noch immer esse er selten weniger als eine Tafel am Tag, erzählt man sich im Unternehmen. Trotzdem zog Alfred der Dritte es vor, Psychologie zu studieren.

Dann kam das Atomunglück von Tschernobyl, das auch das Familienunternehmen zu spüren bekam – fast die gesamte Haselnussernte des Jahres war verstrahlt. Als Schlüsselerlebnis bezeichnete Alfred Ritter dieses Ereignis später. Es begründete sein Engagement im Bereich Erneuerbare Energien. 1988 gründete er die heutige Ritter Energie- und Umwelttechnik GmbH & Co. KG, die Marktführer im Bereich Solarthermie ist. Noch immer ist er Hauptgesellschafter, gemeinsam mit seiner Schwester Marli Hoppe-Richter, der auch das Schokoladenhaus zur Hälfte gehört. Aus dem operativen Geschäft zog er sich erst zurück, als es bei Ritter Sport kriselte. Damals waren die Absatzzahlen merklich zurückgegangen. Das Familienunternehmen brauchte seine Hilfe.

Mittels einer Überarbeitung sämtlicher Rezepte und einer Plakatkampagne in den größten deutschen Bahnhöfen gelang es Ritter, sich in der Sympathie der Schokoladenfans wieder nach vorne zu spielen. An der Strategie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wenig geändert. Mit dem Slogan „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ wirbt Ritter Sport seit 1970. Vier Jahre später nahm der Hersteller parallel zur breiten Einführung des Farbfernsehens die bunten Farben in das Produktbild auf. Abweichungen vom Quadrat kamen nicht gut an: Der in den 90ern entwickelte Riegel „Ritter Balloon“ konnte sich nicht durchsetzen. Und die quadratischen Pralinen verkaufen sich deutlich besser, seit auch die Schachtel würfelförmig ist.

Im Zuge der Imageaufpolierung richtete Ritter den Blick auch verstärkt nach Berlin. 2010 eröffnete die „Bunte Schokowelt“ am Gendarmenmarkt, eine Mischung aus Shop, Kakaomuseum und Manufaktur auf drei Etagen, die sich längst zu einem Touristenmagnet entwickelt hat. Außerdem investierte Ritter in ein aufstrebendes Berliner Start-Up: An Chocri, das individuell gestaltbare Schokolade im Internet anbietet, halten die Baden-Württemberger ein Drittel.

An diesem Samstag sind sämtliche Mitarbeiter mit ihren Angehörigen zur großen „Familienfeier“ geladen.

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