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Wirtschaft: Rot-Grün will Arbeitslose vor Daten-Klau schützen

Bundesbeauftragter Schaar: Gefahr für die Privatsphäre durch Hartz-Reformen / Koalition plant auch bei Nebenjobs Nachbesserung

Berlin – Die Software zur Erfassung des neuen Arbeitslosengeldes II soll nach Angaben des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar überarbeitet werden, um Missbrauch mit den Daten der rund drei Millionen Langzeitarbeitslosen zu verhindern. Bundesagentur für Arbeit (BA) und Bundeswirtschaftsministerium hätten zugesagt, in der ersten Jahreshälfte 2005 nachzubessern, sagte Schaar dem Tagesspiegel. Politiker der rot-grünen Koalition kündigten darüber hinaus für 2005 Änderungen bei Hartz IV an.

Datenschützer Schaar bezeichnete es als „ärgerlich“, dass es keine Zugriffsbeschränkung bei der Software gebe. Die Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaften, die sich um die Hilfeempfänger kümmern, können bundesweit auf alle Daten zugreifen, darunter auch auf umfangreiche Angaben zu Einkommen und Vermögen. In 16-seitigen Fragebögen hatten die Antragsteller gegenüber den Arbeitsagenturen ihre private Situation darstellen müssen. Es sei außerdem nicht vertretbar, dass die Zugriffe nicht protokolliert würden. „Missbrauch ist dann sehr schwer nachprüfbar“, sagte Schaar. Das sei angesichts der sensiblen Daten beim Arbeitslosengeld II „problematisch“.

Unterstützung erhält Schaar in der SPD-Bundestagsfraktion. Der Arbeitsmarktpolitiker Klaus Brandner sagte: „Wir wollen keinen gläsernen Arbeitslosen. Der individuelle Schutz der Privatsphäre muss erhalten bleiben“. Im kommenden Jahr werden mit der Arbeitsmarktreform Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt. Staatliche Transfers richten sich dann nach der Bedürftigkeit der Arbeitslosen – also auch nach ihrem Vermögen – und nicht mehr nach dem früheren Einkommen. Auch wenn SPD und Grüne im Grundsatz hinter dem Gesetzeswerk stehen, gibt es im Detail Kritik, etwa an den unterschiedlichen Regelsätzen für Ost und West sowie an den Zuverdienstmöglichkeiten.

Als wahrscheinlich gilt, dass SPD und Grüne die Zuverdienstmöglichkeiten ausweiten werden. Nach derzeitigen Plänen können Langzeitarbeitslose ab 2005 von einem Nebenjob bis 400 Euro im Monat nur 15 Prozent behalten, also 60 Euro. „Beim Zuverdienst wird etwas geändert“, kündigt der Grünen-Sozialpolitiker Markus Kurth an. Sein SPD-Kollege Brandner begründet dies damit, „dass Arbeit sich lohnen muss“. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte nach Angaben aus Koalitionskreisen in einer Fraktionssitzung kurz vor Weihnachten die Bereitschaft signalisiert, sich bei dem Thema zu bewegen. Clement hatte vor gut einem Jahr im Vermittlungsausschuss mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) den Zuverdienst ausgehandelt. Inzwischen gibt es auch aus der CDU Forderungen, an dieser Stelle nachzusteuern.

Aufbau-Ost-Minister Manfred Stolpe hofft, dass 2005 Arbeitslosenbezüge in Ost und West angeglichen werden. Der Regelsatz für Alleinstehende beträgt im Westen 345 Euro, im Osten 331 Euro. „Der Druck ist hoch, Ost und West anzugleichen“, sagt der Grünen-Politiker Kurth. Der SPD-Experte Brandner hingegen warnt davor, solche „Stimmungsfragen voreilig aufzunehmen“.

Zu Änderungen könnte es auch bei den Betreuern der Langzeitarbeitslosen kommen. Verdi-Vorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber regte an, im nächsten Jahr die Konstruktion der Arbeitsgemeinschaften zu evaluieren, in denen Mitarbeiter aus den Kommunen und den Arbeitsagenturen Hand in Hand arbeiten. „Da wird man noch nachbessern müssen“, sagte sie. Für die Mitarbeiter gelten unterschiedliche Tarifverträge – abhängig davon, ob sie bei den Kommunen oder der BA beschäftigt sind. Die Mitarbeiter der Kommunen sind in der Regel im gehobenen Dienst, die der BA im mittleren Dienst. „Das führt zu Ungerechtigkeiten und zu Unbehagen bei den Mitarbeitern“, sagt Kunkel-Weber.

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