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Wirtschaft: Russland: In der Schuldenfalle

Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Berlin wirft wieder die Frage nach einer Lösung für die hohen Auslandsschulden des Landes auf. Putin und Bundeskanzler Gerhard Schröder wollen heute über das Thema Umschuldung sprechen.

Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Berlin wirft wieder die Frage nach einer Lösung für die hohen Auslandsschulden des Landes auf. Putin und Bundeskanzler Gerhard Schröder wollen heute über das Thema Umschuldung sprechen. Russlands Staatshaushalt wird durch die Zahlungsverpflichtungen enorm belastet, aber auch Deutschland als größtes Gläubigerland hat ein Interesse an einer langfristigen Vereinbarung.

Die russische Wirtschaft hat die Rubelkrise von 1998 schon wieder weitgehend verdaut, noch immer schwebt aber das Damoklesschwert der hohen Auslandsverschuldung in Höhe von 145,7 Milliarden US-Dollar dem Land. "Die Wirtschaft ist im vergangenen Jahr zwar um 3,2 Prozent auf ein Bruttoinlandsprodukt von 182 Milliarden US-Dollar gewachsen, das Verschuldungsproblem hat Russland langfristig noch längst nicht gelöst", sagt Russlandexperte Jürgen Conrad von Deutsche Bank Research in Frankfurt (Main).

Der Pariser Club - die westlichen Gläubigerstaaten - hätten Russland 1999 zwar seine Schulden für zwei Jahre gestundet. Entlastet wurde das Land auch durch den teilweisen Schuldenerlass der internationalen Geschäftsbanken innerhalb des so genannten Londoner Clubs. Nur so sei es möglich, dass Russland zur Zeit seinen Zins- und Tilgungsverpflichtungen bei den übrigen Auslandsschulden nachkommen könne. Mittelfristig gebe es aber noch keine Lösung.

Gerade dies ist aber wichtig, denn nach Berechnungen von DB Research müsste Russland in den nächsten zehn Jahren im Jahresdurchschnitt 14 Milliarden US-Dollar für Zins und Tilgung von Auslandschulden bezahlen. Das sind etwa die Hälfte der jährlichen Staatseinnahmen. "Den Russen steht das Wasser bis zum Hals", sagt auch Heinrich Vogel, Direktor des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln. Diese Situation werde sich auch in den nächsten Jahren nicht verbessern. Deshalb sei eine Entlastung wichtig.

Ein Schuldenerlass steht für Deutschland als größtem Gläubiger Russlands allerdings nicht zur Debatte. "Wir sind bereit, Russland eine weitere Umschuldung zu gewähren, mehr aber nicht", sagte Stefan Rolle aus dem Wirtschafsministerium, Unterhändler bei den Verhandlungen des Pariser Clubs. Gespräche dazu würden Ende des Jahres aufgenommen. Dabei geht es um Schulden in Höhe von rund 19 Milliarden Mark.

Eine Tilgungsstreckung hält auch Wolfram Schrettl vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin für sinnvoll. "Wenn Russland sein Verhältnis zum Pariser Club geklärt hat, dann ist das ein wichtiges Signal." Das gilt für die internationalen Investoren ebenso wie für die Kapitalmärkte. Wichtig sei aber auch, dass die Russen selbst ihr Geld im Land investierten und weniger ins Ausland schafften.

Die internationalen Kapitalmärkte vertrauen offenbar schon jetzt der Schuldenpolitik Russlands und seiner Fähigkeit, zumindest den Verbindlichkeiten am Kapitalmarkt irgendwann nachzukommen. Das zeigt der Kursanstieg der in Mark und in US-Dollar notierten Euro-Anleihen Russlands ganz deutlich. Inzwischen liegt das Kursniveau für die 2004 und 2005 fällig werdenden Papiere mit über 85 Prozent wieder sehr hoch, auch länger laufende Anleihen liegen nahe 80 Prozent. Zur Erinnerung: Zu Zeiten der Russlandkrise 1998, als der Rubel deutlich abgewertet wurde, notierten die Anleihen vorübergehend unter 40 Prozent. Immerhin hat Russland auch nach der Krise die Zinsen für seine Euro-Anleihen stets pünktlich gezahlt. Denn man weiß genau: Durch eine Aussetzung der Zinszahlungen würden Kapitalanleger verprellt, und das verlorene Vertrauen wäre nur schwer wieder zurückzugewinnen. Nach Aussage von Conrad sind neben der direkten Erleichterung durch die Umschuldung im Londoner Club zwei weitere Faktoren für das Vertrauen der Kapitalanleger verantwortlich: Der Präsidentenwechsel von Boris Jelzin zu Wladimir Putin habe das politische Vertrauen gestärkt, der Anstieg der Rohstoffpreise - vor allem von Öl und Gas - hat den Staatshaushalt und damit die ökonomische Seite gestärkt.

bir, bfr

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