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Wirtschaft: Rußland ist zur Zeit nicht kreditfähig

FRANKFURT/ODER .Nach der finanziellen Katastrophe in Rußland sieht der Sprecher des Vorstandes der Deutschen Bank, Rolf Breuer, zur Zeit keine Chance, Rußland mit neuen Krediten von außen zu helfen.

FRANKFURT/ODER .Nach der finanziellen Katastrophe in Rußland sieht der Sprecher des Vorstandes der Deutschen Bank, Rolf Breuer, zur Zeit keine Chance, Rußland mit neuen Krediten von außen zu helfen."Rußland hat seine Kreditfähigkeit verloren", sagte Breuer in einem Vortrag vor Studenten und Professoren der Frankfurter Universität Viadrina.Breuer zog eine Bilanz der wirtschaftlichen Entwicklung in Mittel- und Osteuropa und stellte als die wirtschaftlich erfolgreichsten Länder Ungarn und Polen heraus.Dreh- und Angelpunkt in beiden Ländern sei die Privatisierung nach dem Ende der staatlichen Bevormundung gewesen.Da die Privatisierung die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung eines Marktes sei, habe das ausländische Kapital in beiden Ländern entsprechende Anreize für Investitionen vorgefunden.

In Rußland habe man die Privatisierung ebenfalls über Berechtigungsscheine eingeleitet, aber eine Beteiligung der breiten Bevölkerung an der Privatisierung sei ausgeblieben.Vielmehr hätten die Firmenleiter von der Privatisierung profitiert.Und zwar dieselben Firmenleiter, die schon in der sowjetischen Staatswirtschaft das Sagen gehabt hätten, seien nun als Manager oder Eigentümer eingesetzt worden.

Der international erfahrene Banker verglich die Kapitalflucht aus asiatischen Ländern mit der aus Rußland und wertete beide Entwicklungen als Zeichen für einen tiefgreifenden Vertrauensverlust.Was Rußland jetzt unmittelbar benötige, sei eine internationale Hilfe in Form von Nahrungsmitteln für die Bevölkerung, und diese Hilfe dürfe nicht an finanzielle Bedingungen geknüpft werden.

Insgesamt zeigte sich Breuer jedoch optimistisch über die Transformation in Mittel- und Osteuropa.Die Frage sei heute nicht mehr, ob die Marktwirtschaft werden solle, sondern nur noch wieviel Marktwirtschaft zu welchem Zeitpunkt richtig sei.Als schwierige Aufgabe sieht der Vorstandssprecher der Deutschen Bank die Osterweiterung der EU an.Sie werde 75 Mrd.Ecu oder 150 Mrd.DM kosten.Wie diese Finanzierung aufzubringen sei, könne heute noch nicht realistisch vorhergesagt werden.Trotz der damit verbundenen Risiken sei die Osterweiterung jedoch aus politischen Gründen zur Sicherung des Lebensraumes Europas notwendig.Über den genauen Zeitpunkt der Osterweiterung wollte sich Breuer nicht äußern.

Am schwierigsten ist in der Sicht des Bankers der Einstellungswandel in der Bevölkerung herbeizuführen: nämlich der Einstellungswandel von einer klassenlosen Gesellschaft in eine westeuropäische Bürgergesellschaft.Breuer war nach Frankfurt/Oder gekommen, weil die Deutsche Bank 3,4 Mill.DM spendet, damit im nächsten Jahr ein Graduiertenkolleg an der Viadrina aufgebaut werden kann.Die Förderung der Deutschen Bank,die auf fünf Jahre begrenzt ist, soll international herausragende Hochschulabsolventen dazu gewinnen, in Frankfurt/Oder ihre Doktorarbeiten über die Kapitalmärkte und die Finanzwirtschaft in einem erweiterten Europa zu schreiben.Deutsche Forschungsgemeinschaft und Land erwägen eine anschließende Übernahme der Finanzierung.

UWE SCHLICHT

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