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RWE-Chef Peter Terium wird von den kommunalen Aktionären zunehmend kritisiert.

© AFP

Energiekonzern spaltet sich auf: RWE sucht einen Plan für die Zukunft

RWE wird aufgespalten – aber das neue Geschäftsmodell und die strategischen Partner sind nicht erkennbar.

Vor einigen Monaten hat Werner Müller die Blaupause geliefert. Der frühere Bundeswirtschaftsminister und heutige Vorsitzende der RAG Kohlestiftung philosophierte in der Duisburger Universität über die Frage, wie die Gesellschaft mit den immensen Risiken des Atomgeschäftes und den daraus resultierenden Altlasten umgehen könne. Müller schlug eine Stiftung vor, in der die Energiekonzerne ihre Risiken bündeln und diese gleichzeitig durch Anteile an ihren profitablen Geschäftsfeldern besser als heute absichern. „Ich bin zuversichtlich, dass die Etablierung einer Kernenergie-Stiftung gelingen kann, wenn alle Beteiligten vorurteilsfrei und konstruktiv das Thema erörtern“, war sich Müller sicher.

Inzwischen ist es anders gekommen. Vor allem die Konzerne haben seinen Rat nicht befolgt. Sie glauben bis heute, dass jeder für sich alleine die Probleme lösen kann; wobei sie in erster Linie versucht haben, die Risiken einseitig auf den Staat abzuschieben. Eon-Chef Johannes Teyssen ist damit vorgeprescht und musste seine Pläne einer Aufspaltung einkassieren. Mit einigen Monaten Verspätung folgte nun RWE-Chef Peter Terium.

"Lift and Shift" hat RWE seinen Plan genannt

Terium will den strauchelnden RWE-Konzern ebenfalls in alt und neu umbauen. Er wirbt damit, dass die vermeintlich neue Gesellschaft mit regenerativen Energien, den Netzen und dem Vertrieb über die Börse das notwendige Kapital für die Investitionen besorgen kann. „Es gab bisher zu wenig Veränderungsbereitschaft, und das ausgerechnet in der Energiewende“, gab sich Terium bei der Präsentation seiner Pläne vergangene Woche selbstkritisch und hoffte auf diese Weise, die Politik gewogen zu stimmen. Immerhin signalisierte das Bundeswirtschaftsministerium, mit den Plänen leben zu können, solange die Haftungsmasse für die Altlasten nicht beschnitten werde. Und einige Kämmerer aus den Ruhrgebietsstädten, die noch immer knapp 25 Prozent der RWE-Aktien halten, können sich vorstellen, über die Ideen zu reden. Am kommenden Freitag will sich Terium im Aufsichtsrat das Plazet für „Lift & Shift“ holen, den Codenamen des Projekts.

Durch eine Indiskretion waren seine Pläne publik geworden, bevor er mit wichtigen Akteuren gesprochen hatte; entsprechend sauer reagierten die darauf, dass ihr Vorstandsvorsitzender sie über die Presse überraschte. „Die sitzen im Turm und basteln“, schäumt auch Tage danach ein Aufsichtsrat. Ihm fallen zum Konzept nur kritische Fragen ein: Wo ist die Abstimmung mit der Politik, wo sind die wirklich neuen Geschäftsfelder im sich verändernden Energiemarkt, wo sind die politischen und die unternehmerischen Partner, die den Konzern mit immer noch 60 000 Beschäftigten in die Zukunft tragen? „Das bisherige Geschäft schlicht aufzuteilen, reicht nicht aus.“

Die Kommunen sind übergangen worden

Die kommunalen Aktionäre waren nicht in die Überlegungen eingebunden, obwohl sie die geborenen Partner einer sich künftig mehr regional und dezentral aufgestellten digitalisierten Energiewirtschaft sein könnten. Dass sie den Plänen nicht zustimmen, ist gleichwohl nicht zu erwarten, weil sie dann weiter an Einfluss verlieren würden. Also werden sie bis Freitag pokern und zum Beispiel darauf pochen, dass sie auch im Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft vertreten sind; genauso wie die Gewerkschaften, die die Hälfte von 20 Sitzen beanspruchen und feste Zusagen über Arbeitsplätze.

Die Lage für die Politik ist schwierig. Berlin schaut ausschließlich auf die Atomrückstellungen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat die Arbeitsplätze im Blick und ist erpressbar, weil neben der Energiewirtschaft auch die Stahlindustrie schwächelt, also der Kern des Industrielandes wieder einmal bedroht ist. Laut würde das niemand sagen, aber gelegentlich sind die handelnden Politiker sowohl in Berlin wie in Düsseldorf entsetzt über die ausschließlich auf die Börse fixierten Strategen im Essener RWE-Hochhaus. Immerhin jubelten die Märkte am Mittwoch kurz über die Pläne, die gebeutelte RWE-Aktie wurde zum Gewinner des Tages. Zum Wochenende hatte sich die Euphorie allerdings wieder gelegt, mehr als die Hälfte der Gewinne waren verraucht. Es bleiben die Fragen nach dem Geschäftsmodell.

Werner Müller sieht sich das inzwischen aus der Distanz an. Er hat mit dem Stiftungsmodell für die Altlasten der Steinkohle bewiesen, wie man solche Probleme im Konsens und ohne staatliche Unterstützung lösen kann. Im Sommer war er nicht abgeneigt, den Aufsichtsratsvorsitz bei RWE zu übernehmen, um etwas Vergleichbares auch hier zu schaffen, inzwischen steht er dafür nicht mehr zur Verfügung. Nicht nur er sieht mit Wehmut, wie die RWE-Manager immer wieder zeigen, dass sie die gesellschaftspolitische Dimension ihres Tuns noch immer nicht verstanden haben.

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