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Wirtschaft: Ryanair muss Millionen zurückzahlen

EU-Kommission hält die vom Flughafen Charleroi gezahlten Rabatte für unzulässig – Branche bleibt gelassen

Brüssel/Berlin (tog/pet). Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair muss öffentliche Beihilfen in Millionenhöhe zurückzahlen. Das hat die EUKommission am Dienstag in Brüssel entschieden. Nach Meinung der Behörde hat Ryanair vom Betreiber des belgischen Regionalflughafens Charleroi bei den Landegebühren und Bodendiensten Rabatte erhalten, die mit den Regeln der Marktwirtschaft nicht übereinstimmen. Ryanair-Chef Michael O’Leary bezeichnete das Urteil als „Katastrophe“ und kündigte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof an. Der Kurs der Ryanair-Aktie stieg in Frankfurt bis Handelsschluss um mehr als fünf Prozent.

Der Beschluss der EU-Kommission im Fall Ryanair komme einem Grundsatzurteil gleich, heißt es in Brüssel. Damit werde sichergestellt, dass zwischen den Fluggesellschaften, die Regionalflughäfen anfliegen, ein fairer Wettbewerb herrsche. Der Flughafen Charleroi hatte die Rabatte nur Ryanair gewährt, nicht aber den anderen Nutzern. Mehrere andere Fluggesellschaften hatten sich deshalb schon 2001 bei der EU-Kommission über die diskriminierenden Vergünstigungen für Ryanair beklagt. Im Zeitraum 2001 bis 2003 belaufen sich die somit als unerlaubte öffentliche Beihilfen eingestuften Rabatte auf mindestens vier Millionen Euro, die nun zurückgezahlt werden müssen.

Gerechtfertigt sind nach Meinung der EU-Kommission dagegen Marketinghilfen und einmalige Anreize sowie die Bereitstellung von Büroräumen durch die Regionalflughäfen, sofern sie mit der Erschließung einer neuen Flugverbindung zusammenhängen. Allerdings sollen diese Hilfen auf drei Jahre begrenzt sein und höchstens 50 Prozent der Kosten für eine Route betragen, legte die EU-Kommission fest.

Die Billigfliegerbranche kann damit leben. „Wir hatten die schlimmsten Befürchtungen, als wir vor vierzehn Tagen den Entwurf gesehen haben“, sagte Wolfgang Kurth, Präsident des Verbandes der Billigflieger (ELFAA), dem „Handelsblatt“. „Es ist längst nicht so dramatisch geworden.“ Die Branche habe die Sorge gehabt, dass Brüssel die regionalen Flughäfen zu höheren Preisen zwingen könnte. „Solche Nachteile kann ich aus der jetzigen Entscheidung, soweit wir sie jetzt beurteilen können, nicht erkennen“, sagte Verbandschef Kurth.

Brüssel wolle auch mit der Entscheidung in keiner Weise die Billigfluglinien behindert, erklärte die EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio am Dienstag. Im Gegenteil: ,,Wir wollen den Wettbewerb fördern und die Aktivitäten der Billigfluglinien auf den Regionalflughäfen ermuntern.“ Allerdings müssten gerechterweise alle Fluglinien von den Vergünstigungen profitieren können. Regionalflughäfen sind skeptischer. So befürchtet der Geschäftsführer der Lübeck-Flughafen GmbH, Peter Steppelt, dass Billigfluggesellschaften mit der EU-Entscheidung im Rücken künftig besser verhandeln können. „Jedes neue Unternehmen wird jetzt kommen und einen Rabatt fordern“, sagte Steppelt. Bislang hat der kleine Flughafen, von dem täglich auch sechs Ryanair-Flugzeuge starten, nach Angaben des Geschäftsführers keine Rabatte gewährt. Im Gegensatz zu anderen. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen (ADL) forderte deshalb die Kommission in einem Brief auf, auch die Praxis auf sechs deutschen Regionalflughäfen zu überprüfen.

Branchenbeobachter gehen nicht davon aus, dass die EU-Entscheidung das Wachstum und die Rentabilität von Ryanair in Frage stellt. Auch steigende Ticketpreise seien unwahrscheinlich. „Ryanair wird Preisführer bleiben“, sagt Michael Schleusener von der Unternehmensberatung Simon Kucher&Partners, „und eher versuchen, die Kapazität seiner Flugzeuge auszuweiten als die Preise zu erhöhen.“ Auch Alexander Kaiser von der Unternehmensberatung Cell Consult rechnet nicht mit steigenden Preisen. „Ryanair wird die Preise eher senken“, sagt er. Billigflieger stünden in einem harten Wettbewerb, auch mit etablierten Fluggesellschaften wie der Lufthansa. „Es gibt Überkapazitäten“, sagte Kaiser. In den kommenden drei bis vier Jahren werde es zu einer Konsolidierung des Marktes kommen.

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