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Wirtschaft: Sachsen und Bayern beim Wachstum vorn, Berlin ganz hinten

Wirtschaftsleistung der Freistaaten wächst um 2,3 Prozent / Hauptstadt legt zwar erstmals wieder zu, aber nur 0,4 Prozent

Berlin Sachsen war 2004 zum zweiten Mal hintereinander das wachstumsstärkste Bundesland. Die Rolle des Spitzenreiters teilen sich die Sachsen allerdings mit den Bayern: In beiden Ländern stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um jeweils 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das teilte der „Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder“ (VGRDL) am Dienstag mit. Schlusslicht des Wachstumsrankings ist Berlin, das Mecklenburg-Vorpommern ablöste: In der Hauptstadt wuchs die Wirtschaftsleistung 2004 nur um 0,4 Prozent. Allerdings war sie im Jahr zuvor noch um über ein Prozent gesunken. Bundesweit kletterte das BIP im vergangenen Jahr um 1,7 Prozent. Überdurchschnittlich legten auch Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz mit jeweils zwei sowie Hessen mit einem Zuwachs von 1,9 Prozent zu.

Die Berliner Wirtschaftsverwaltung kann dem schwachen Wachstum sogar etwas Positives abgewinnen: „Immerhin ist das BIP nach Jahren des Schrumpfens wieder gewachsen“, sagte Christoph Lang, Sprecher von Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS). Noch immer habe Berlin das Wegbrechen der Industrie seit der Wiedervereinigung nicht verkraftet. Hinzu kämen verlorene Standort-Wettbewerbe – etwa um das BMW-Werk, das in Leipzig errichtet wurde. Jetzt sieht die Wirtschaftsverwaltung Grund für vorsichtigen Optimismus: Unternehmen wie Berlin-Chemie, Daimler-Chrysler, BMW sowie IT- und Medienfirmen planten Neueinstellungen, Siemens etabliere sein deutschlandweites Marketing in Berlin. „Das Glas ist halb voll“, sagte Lang.

Mit derselben Bemerkung kommentiert die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) das schwache Wachstum. IHK-Sprecher Holger Lunau sieht den Senat mit seinem begonnenen Bürokratieabbau „auf dem richtigen Weg“ und vermutet, die hauptstädtische Verwaltung sei inzwischen besser als ihr Ruf. Allerdings habe Berlin mit seiner relativ wenig exportorientierten Wirtschaft nur wenig vom Ausfuhr-Boom (deutschlandweit 2004: plus 10 Prozent) profitieren können.

Berlin zieht auch den ostdeutschen Durchschnitt nach unten. Zählt man die Hauptstadt zu den neuen Ländern, steigerten sie ihr BIP nur um 1,2 statt um 1,5 Prozent. Die alten Bundesländer konnten ihre Wirtschaftsleistung um 1,7 Prozent erhöhen.

Sachsens Erfolgsrezept liegt für den sächsischen Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) auf der Hand: „Sachsen hat seit der Wende konsequent regionale Wachstumskerne gefördert und gestärkt“, sagte er dem „Handelsblatt“. Die Stärken des Freistaates liegen traditionell in der Industrie. „In Mikroelektronik, Maschinen- und Fahrzeugbau spielen wir darum international längst wieder in der ersten Liga mit – auch in Forschung und Entwicklung“, sagte Jurk.

Bereits 2003 hatte Sachsen als einziges Land sein BIP um mehr als ein Prozent gesteigert. In Deutschland insgesamt schrumpfte das BIP damals um 0,1 Prozent. Udo Ludwig, Konjunkturexperte vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), geht davon aus, dass Sachsen auch weiterhin eine „nachhaltige erfolgreiche Entwicklung“ bevorsteht.

Wachstumsmotor in Sachsen war 2004 das verarbeitende Gewerbe. Die Bruttowertschöpfung des Sektors stieg um 13 Prozent, berichtete das nationale Statistikamt. „Ein so hohes Wachstum der Bruttowertschöpfung lässt sich nur erzielen, wenn man neue Unternehmen holt“, sagte IWH-Konjunktur-Experte Ludwig. Zudem hätten die Fördermittel bereits bestehende Firmen unterstützt.

Auch deutschlandweit legte die Produktion im verarbeitenden Gewerbe deutlich zu: um real 5,1 Prozent. Auch beim Wachstumsspitzenreiter Bayern nimmt das verarbeitende Gewerbe eine Schlüsselposition ein. doh (HB)/obs

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