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Sanierung: Airbus verschiebt Sitzung zu Sparplan "Power 8"

Das Airbus-Sanierungsprogramm "Power 8" verzögert sich wegen strittiger Fragen zwischen den beteiligten Ländern. So bleibt die Zukunft von bis zu 8000 Arbeitsplätze in Deutschland weiterhin ungewiss.

Paris/Hamburg/Brüssel - Der Flugzeugbau- und Rüstungskonzern EADS sagte überraschend die mit Spannung erwartete Bekanntgabe der Programmdetails für diesen Dienstag ab. Der EADS-Vorstand habe seine Gespräche über "Power 8" unterbrochen, wolle sie aber "in den nächsten Tagen" fortsetzen, heißt es in einer Mitteilung der Airbus-Muttergesellschaft. Es müsse über die länderübergreifende Aufteilung der industriellen Arbeitspakete für das geplante neue Langstreckenflugzeug A350 XWB noch weiter beraten werden. Ursprünglich wollte Airbus sowohl die Arbeitnehmervertreter als auch die Öffentlichkeit an diesem Dienstag über "Power 8" unterrichten.

Zu den strittigsten Fragen gehört der Standort, an dem der Verbundwerkstoff für den Rumpf der A350 gefertigt werden soll. Die Maschine, die der Boeing 787 "Dreamliner" Konkurrenz machen soll, gilt als eines der wichtigsten Zukunftsprojekte bei Airbus. Durch Power 8 sollen nicht zuletzt Gelder frei gemacht werden, um die Entwicklung des Jets mit 270 bis 350 Sitzen zu finanzieren. Die Zeitung "Les Echos" berichtete, der Plan könne zum Verlust von zehn - bis zwölftausend Stellen führen, davon jeweils drei- bis viertausend in Deutschland und Frankreich. In "La Tribune" hieß es, die Standorte Varel und Nordenham in Niedersachsen sowie Méaulte in Nordfrankreich sollten verkauft werden.

Airbus-Chef Louis Gallois unterstrich die Notwendigkeit einer schnellen Lösung, die nationale Fragen überwinde. "Ich habe Vorschläge vorgelegt, die ich aus industrieller wie auch aus technologischer Sicht für ausgewogen halte und die unserem Ziel der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit dienen." Gallois äußerte die Hoffnung, dass "der dringend benötigte Konsens" erreicht werden könne. "Airbus kann die Umsetzung von Power 8 nicht länger aufschieben. Natürlich wollen die Mitarbeiter endlich erfahren, wie sich die Zukunft ihres Unternehmens in Verbindung mit ihrer eigenen Zukunft gestalten wird."

EADS ringt noch um optimale Lösung

EADS ringt nach Worten von Co-Chef Tom Enders noch um die beste Lösung für Airbus. Aktionäre und Mitarbeiter erwarteten die langfristige Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Airbus, sagte Enders in München. "Wir müssen dieses Ziel erreichen und gleichzeitig die entstehenden Lasten aber auch Zukunftschancen und Kompetenzen fair verteilen." Darum gehe es bei "Power 8".

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) bewertete die kurzfristige Verschiebung positiv. Sie sei ein Signal dafür, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehe, sagte Wulff. Ein Konzept zur langfristigen Sicherung des Luftfahrtstandortes Deutschland sei besser als ein Schnellschuss. "Es muss zu einer Gesamtlösung kommen," sagte der Ministerpräsident. Betriebsräte zeigten sich von der Absage des Termins überrascht. Die Mitteilung sei völlig unerwartet gekommen, hieß es in den Werken in Bremen und im niedersächsischen Stade. Einen Kommentar zu dem Vorgang gebe es jedoch nicht.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) zeigte Verständnis für die Verzögerung. Er begrüße vielmehr ein vorsichtiges Vorgehen, bei dem die Betroffenen einbezogen würden, sagte Glos in Brüssel. "Man muss die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und der einzelnen Produktionsstandorte langfristig im Auge haben." Offensichtlich hätten die Verantwortlichen "intern" noch keine für die beteiligten Länder tragfähige Verständigung erzielen können. "Das ist kein Unglück." Für Deutschland sei es wichtig, die Entwicklung von Zukunftstechnologien, etwa bei den Werkstoffen, im Land zu behalten.

Die IG Metall und der deutsche Airbus-Betriebsrat zeigten sich "irritiert über die weitere Hängepartie". Zwar gelte der Grundsatz "Gründlichkeit vor Schnelligkeit"; die Verschiebung verstärke aber "die Verunsicherung der Beschäftigten weiter", erklärten die Bezirksleiterin der IG Metall Küste, Jutta Blankau, und Betriebsratschef Rüdiger Lütjen. Lütjen sagte, die Beschäftigten müssten "den Druck auf das Management aufrecht (...) erhalten und den Schulterschluss mit der Politik weiter (...) verstärken".

"Die Ablehnung des Airbus-Sparprogramms ist sehr beunruhigend, weil das bedeutet, dass es weiterhin Spannungen zwischen den Staaten gibt", sagte sagte Jean-François Knepper von der französischen Gewerkschaft Force Ouvrière. "Man lässt die Arbeitnehmer wieder im Unklaren und es ist wieder Airbus, der darunter leiden wird. Solange wir keine Lösung finden, um Airbus aus der Krise zu helfen, können wir über nichts anderes reden als über Wirtschafts- und Restrukturierungspläne", sagte Knepper weiter.

Bis zu 8000 deutsche Arbeitsplätze gefährdet

Airbus war durch Produktionsverzögerungen beim weltgrößten Passagierflugzeug A380 in die Krise geraten. Mit "Power 8" will der europäische Flugzeugbauer nun in den kommenden Jahren Kosten in Milliardenhöhe einsparen. Dabei sollen die Verwaltungskosten um 30 Prozent sinken sowie die Fertigung gestrafft und rationaler auf die Werke verteilt werden. Ein größerer Teil der Produktion als bisher soll an Firmen außerhalb des Konzerns gehen, Werke möglicherweise an Investoren abgegeben werden. Gallois hatte dazu erklärt: "Wir säubern klar das Terrain und bereiten eine neue Airbus vor."

Unklar ist weiterhin, welche Airbus-Werke in welchem Ausmaß betroffen sein werden. Vor allem die deutsche und die französische Seite achten gegenseitig darauf, dass die nationalen Interessen gleichgewichtig gewahrt bleiben. Die deutschen Gewerkschaften befürchten, dass allein hier zu Lande bis zu 8000 Arbeitsplätzen zur Disposition stünden und Werke gefährdet seien. (tso/dpa/AFP)

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