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Wirtschaft: Sarrazins Anleihe ist nicht die erste Wahl

Das Land Berlin erhält als Schuldner gute Noten – doch die Banken sehen lukrativere Alternativen für Privatanleger

Berlin (dr). Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) tritt nahezu wöchentlich mit neuen „Horrorzahlen“ über die finanzielle Lage des Landes Berlin an die Öffentlichkeit. Doch denjenigen Berlinern, die noch Geld anlegen wollen und können, bietet sich jetzt die Gelegenheit, von der Verschuldung Berlins zu profitieren. Das Land muss sich Geld leihen und plant deshalb eine Anleihe.

Mindestens eine Milliarde Euro will das Land über die Börse bei Anlegern aufnehmen. Finanzsenator Sarrazin rührt deshalb zusammen mit seinem Staatssekretär und der Kreditreferentin noch bis zum 3. Februar die Werbetrommel auf einer so genannten Road Show. Institutionelle Anleger wie Versicherungen und Fondsgesellschaften sowie Banken werden zu Treffen eingeladen, um sich über den Schuldner Berlin zu informieren und sich zu äußern, zu welchen Bedingungen sie dem Land Geld leihen würden.

Die Rollen auf der Seite Berlins sind verteilt. Der Finanzsenator stellt auf diesen Treffen, die unter anderem in Frankfurt (Main), Kopenhagen, Stockholm, Amsterdam und Wien stattfinden, die Lage des Landes dar und verweist darauf, was noch zu tun ist. Sein Staatssekretär präsentiert, was alles schon erreicht ist. „Als Berliner fand ich das sehr ermutigend“, sagt einer, der dabei gewesen ist.

Doch der Ruf Berlins ist nicht der beste. Die „extreme Haushaltsnotlage“ hat insbesondere internationale Investoren aufhorchen lassen. Das Land hat deshalb seine Kreditwürdigkeit einschätzen lassen und ist ganz gut weggekommen. Die Agentur Fitch stuft Berlin – wie alle deutschen Bundesländer, mit der Bestnote AAA ein. Von Moody’s bekommt Berlin ein Aa3. Moody’s geht zwar ebenso wie Fitch davon aus, dass im Falle eines Falles die Bundesrepublik die Schulden Berlins bezahlen muss. Schließlich ist dies über den Länderfinanzausgleich und die Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse im Grundgesetz geregelt. Aber die Agentur berücksichtigt auch, „dass dieser Durchgriff unter Umständen etwas dauern kann“, sagt ein Vertreter einer Bank, die die Emission als Konsortialbank mit vorbereitet. Doch Berlin steht auch bei Moody’s gut dar. Ein höheres Rating (Aaa) bekommen von der Agentur nur die Bundesländer Bayern und BadenWürttemberg. Sachsen-Anhalt liegt mit Aa1 hinter Berlin. Im internationalen Vergleich kann sich Berlin mit einem kleineren, gut beurteilten EU-Land vergleichen. Es liegt hinter Portugal (Aa2) und vor Griechenland (A1a). Erörtert wird auf der Road Show aber auch die Laufzeit der Anleihe. Im Gespräch sind fünf, sieben oder sogar zehn Jahre. „Es könnte auf sieben Jahre hinauslaufen“, sagt einer der beteiligten Banker. Vorteilhafter für Berlin wären möglicherweise zehn Jahre, denn die Zinsen sind gegenwärtig so niedrig wie selten seit 30 Jahren.

„Die Konditionen und insbesondere die Verzinsung stehen noch nicht fest“, sagt ein Vertreter der konsortialführenden Bank WestLB. „Jetzt darüber zu spekulieren, würde der Anleihe nur schaden“. Die Laufzeit soll ebenso wie die Höhe der Verzinsung erst nach Ende der Road Show im Rahmen eines Book-Building-Verfahrens (einer Art Versteigerung) festgelegt werden.

Die Verzinsung aber dürfte – neben der Laufzeit – eines der gewichtigsten Argumente für die privaten Anleger sein, die die Anleihe schließlich über ihre Bank kaufen sollen. Und gegenwärtig spricht aus Sicht des Privatanlegers nicht sehr viel dafür, sein Geld ausgerechnet in einer Länderanleihe anzulegen.

Frank Geilfuss, zuständig für die Vermögensverwaltung beim Berliner Privatbankhaus Löbbecke, erwartet steigende Zinsen in den kommenden zwölf Monaten und damit fallende Kurse für die Anleihe. „Wenn überhaupt, sollte der Anleger gegenwärtig nur sehr kurze Laufzeiten, dass heißt weniger als ein Jahr, zeichnen“, sagt Geilfuss. Da er dafür aber einen relativ hohen Kurs zahlen muss, „verbietet sich das Zeichnen von Anleihen gegenwärtig“, sagt Geilfuss.

Auch Klaus Metzke, Direktor des Bankhauses HSBC Trinkaus&Burkhardt in Berlin, verweist darauf, dass die Kurse für Anleihen in jüngster Zeit „hausseartig“ gestiegen seien. Die Anleger seien direkt von Aktien in festverzinsliche Wertpapiere gegangen. „Das könnte sich sehr schnell wieder ändern, und dann verlieren Sie am Rentenmarkt ohne weiteres zwei bis drei Prozent“, warnt Metzke. Er empfiehlt deshalb einen Anlagezeitraum von weniger als drei Jahren und rät den Anlegern, auch auf Unternehmensanleihen zu achten.

Auch Michael Otto, Abteilungsdirektor in der Vermögensverwaltung der Privatbank Berenberg Bank schlägt Alternativen vor. Er mag ein Szenario nicht ausschließen, in dem die langfristigen Zinsen – im Gefolge des US-Markes – steigen und die Europäische Zentralbank – auf Grund des politischen Drucks – die kurzfristigen Zinsen weiter senkt. Wer dann Anleihen verkaufen müsse, müsste mit deutlichen Kurseinbrüchen rechen, warnt Otto. Er rät den Anlegern, die ihr Geld festverzinslich anlegen wollen, ebenfalls auf Unternehmensanleihen zu achten, die höhere Zinsen brächten. Als Beispiele nennt Otto Daimler-Chrysler oder die Deutsche Telekom. Deren Anleihen erhalten von Moody’s – auch abhängig von der Laufzeit – die Noten von beispielsweise Baa1 oder Baa3.

Ein Vertreter einer Konsortialbank , die die Anleihe schließlich verkaufen soll, verweist hingegen darauf, dass auch die langfristigen Zinsen zuletzt deutlich gesunken sind. Und was die Summe von einer Milliarde Euro angeht, „das bewegt sich in ganz normalem Rahmen“. „Eine solche Größenordnung sichert im Gegenteil einen liquiden Markt.“

Und auch der Sprecher des Berliner Finanzsenators beruhigt. Berlin muss jährlich Anleihen und Schuldscheindarlehen zurückzahlen. Der jährliche Umfinanzierungsbedarf beträgt rund zehn Milliarden Euro. Die Schuldenaufnahme bedeutet nicht automatisch eine höhere Neuverschuldung. Diese soll wie am Dienstag im Nachtragshaushalt beschlossen 471 Millionen Euro betragen.

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