zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Schering schockt die Börse

Der Berliner Pharmakonzern streicht nach miserablen Zahlen 300 Stellen in Deutschland und warnt die Anleger

Berlin (pet). Der Berliner Pharmakonzern Schering hat für das Jahr 2003 eine Gewinnwarnung ausgesprochen. Wegen des starken Euro und der Belastungen durch die Gesundheitsreform könne das Unternehmen die Ziele für das Gesamtjahr nicht erreichen, sagte Konzernchef Hubertus Erlen am Donnerstag bei der Vorlage der Quartalszahlen. Umsatz und Ergebnis waren im zweiten Quartal deutlich zurückgegangen. Als Reaktion auf das schwache Ergebnis kündigte Erlen einen verschärften Sparkurs an. 300 Mitarbeiter in Deutschland werden ihren Arbeitsplatz bis zum Jahresende verlieren. An der Börse geriet die ScheringAktie unter Druck: Das Papier verlor zeitweise knapp neun Prozent und führte die Verliererliste im Dax an.

„Wir wussten zwar, dass die Währungsbelastungen im zweiten Quartal groß werden würden“, sagte Erlen dieser Zeitung. „Aber der Effekt hat sich gegenüber dem ersten Quartal beschleunigt.“ Schering macht mehr als die Hälfte seines Umsatzes in Dollar, bilanziert aber in Euro. Durch den im Verhältnis zum Euro schwachen Dollar habe das Unternehmen im zweiten Quartal rund 290 Millionen Euro an Umsatz verloren, das habe sich auch im operativen Ergebnis niedergeschlagen, sagte Erlen.

Der Umsatz ging nach Schering-Angaben im zweiten Quartal um neun Prozent auf 1,179 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahresquartal zurück. Auch ohne Berücksichtigung des Euro-Kurses legte der Umsatz nur um ein Prozent zu. Das Betriebsergebnis des Pharmakonzerns schrumpfte im Vergleich zum Vorjahresquartal um zwölf Prozent auf 163 Millionen Euro.

Die Börse strafte die schlechten Zahlen und die erste Gewinnwarnung im europäischen Pharmasektor in diesem Quartal deutlich ab. Die Aktie verlor bis zum Börsenschluss 7,61 Prozent auf 37,25 Euro. „Ich habe zwar schlechte Zahlen erwartet, war aber vom Ausmaß der Gewinnwarnung überrascht“, sagte Pharma-Analyst Peter Spengler von der WestLB. „Das kann nicht nur an der Währung liegen, sondern muss auch in der Kostenstruktur begründet sein.“

Nach dem ersten Quartal hatte Schering noch an den Zielen für 2003 festgehalten und war von einem hohen einstelligen Ergebniswachstum ausgegangen. Nach dem zweiten Quartal hat Erlen seine Meinung revidiert: Nach sieben Rekordjahren in Folge geht das Unternehmen jetzt davon aus, dass das Ergebnis 2003 im prozentual einstelligen Bereich unter dem Vorjahresergebnis liegen wird. Beim Umsatz erwartet Schering ein Wachstum von fünf bis sieben Prozent. Bislang war von einem hohen einstelligen Wachstum die Rede. Das Unternehmen habe die zusätzlichen Belastungen durch die Wechselkurse nicht voll kompensieren können, sagte Erlen. „Was machbar ist, ist gemacht worden.“ Auch die Gesundheitsreform werde Schering zu spüren bekommen.

Um sich auf das negative Währungsumfeld und erwartete Belastungen durch die geplante Gesundheitsreform in Deutschland einzustellen, kündigte Erlen weitere Kostensenkungsmaßnahmen an. Bis zum Jahresende sollen 300 der 8300 Stellen in der deutschen Schering AG gestrichen werden. Wie stark der Standort Berlin vom Arbeitsplatzabbau betroffen sein wird, konnte Erlen noch nicht sagen. Allerdings sei davon auszugehen, dass im Hauptwerk überdurchschnittlich viele Stellen gestrichen würden, da das Werk die meisten Mitarbeiter beschäftige. Ziel sei es, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Weitere Stellenstreichungen im kommenden Jahr schloss Erlen nicht aus. „Wir haben uns zwar noch keine konkreten Gedanken gemacht, aber auch 2004 wird es Kostenanpasssungen geben.“ Trotzdem würden in Standorten in Mittel- und Osteuropa Mitarbeiter eingestellt, in den USA werde zumindest niemand entlassen.

Die Stärkung des US-Standortes gehört zu den strategischen Zielen des Konzerns. 2005 will Schering dort 30 Prozent des Umsatzes erzielen. In diesem Jahr rechnet Konzernchef Erlen mit einem Umsatzwachstum von (kursbereinigt) 15 Prozent in den USA. Dabei setzt Schering vor allem auf das Multiple-Sklerose-Medikament Betaferon.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false