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Wirtschaft: Schmerzgrenze beim Müll ist erreicht

Nebenkosten explodieren / Verbände fordern: "Zweite Miete" senken / Testfall Berlin BERLIN (-olm).Berlin soll zum Testfall für eine an ökologischen und ökonomischen Kriterien ausgerichtete Kreislaufwirtschaft werden.

Nebenkosten explodieren / Verbände fordern: "Zweite Miete" senken / Testfall Berlin

BERLIN (-olm).Berlin soll zum Testfall für eine an ökologischen und ökonomischen Kriterien ausgerichtete Kreislaufwirtschaft werden.Mit 81 Mrd.DM Müllgebühren bei insgesamt 360 Millionen Tonnen Abfall 1996 hat die nach oben gerichtete Kostenspirale in Deutschland ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.Opfer der regelmäßigen Gebührenerhöhungen sind nicht zuletzt die Mieter.Für Karl Ravens, Präsident des Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung hat die Gipfelfahrt der Gebühren für Wasser, Abwasser und Abfall inzwischen vielfach die Schmerzgrenze erreicht. Allein zwischen 1985 und 1995 stiegen die Müllgebühren für eine vierköpfige Familie um durchschnittlich 139 Prozent.Das entspricht dem Sechsfachen der allgemeinen Preissteigerungsrate.Die Wohnnebenkosten seien zur "zweiten Miete" geworden, sagte Ravens.Die betroffenen Bürger stünden vor einem nur schwer zu erklärenden Paradoxon, weil die Preise steigen, obwohl inzwischen weniger Müll anfalle und sorgfältiger getrennt und sortiert werde. Von Berlin fordert Ravens eine Art Vorbildfunktion.In der bisherigen Entwicklung war davon wenig zu spüren.So stieg das Entgelt für die 60-Liter-Tonne in der Stadt 1997 um 70 Prozent.In welchen Größenordnungen gedacht werden muß, zeigt ein Blick auf die in Berlin und Brandenburg anfallenden Betriebskosten im Wohnbereich.Steffen Meisgeier, Vorstandsmitglied der Gemeinnützigen Heimstätten AG GEHAG, beziffert den Betriebskostenumsatz allein für seine Mitgliedsunternehmen auf fünf Mrd.DM jährlich.Ravens fordert von den Berliner Politikern und von der Wirtschaft, ihre lokale und regionale Fixierung abzustreifen. Daß es in Berlin wie im gesamten Bundesgebiet Kostendämpfungspotentiale gibt, schließt Thomas Rummler vom Bundesumweltministerium aus der großen Schwankungsbreite der Abfallgebühren. So reicht die Bandbreite von Kommune zu Kommune zum Beispiel in Bayern von 169 DM bis zu 924 DM.Auf Landesebene differieren die einzelnen Gebühren pro Einwohner und Jahr um 1700 Prozent.Gemeinsam sind sich die Verbände allerdings darüber im klaren, daß es zu dem vor einem Jahr beschlossenen Kreislaufwirtschaftsgesetz und einem damit verbundenen Prinzip der Nachhaltigkeit im Umgang mit den knappen Ressourcen keine Alternative gibt.Die Einhaltung und Anwendung des Gesetzes könne aber nur funktionieren, so Ravens, wenn sich auch die Kosten im Rahmen halten. Den Grund für die bisher aufgetretenen Defizite sieht Ravens in der fehlenden Kooperation aller gesellschaftlich beteiligten Gruppen.Auf einem am Montag in Berlin veranstalteten Seminar wird vor allem von den Kommunen gefordert, sich auf gemeinsame Modelle zu verständigen.Von Berlin könnten nach Meinung des Präsidenten innovative und transparente Lösungen bei der Umsetzung der Philosophie der Kreislaufwirtschaft ausgehen.Eine bürgerfreundliche und verbraucherbezogene Gebührengestaltung sei überfällig. Auch Thomas Rummler begrüßte die Sparappelle.Nach der bisherigen Erfahrung wiesen Abfallzweckverbände und größere Organisationsformen geringere Gesamtkosten auf als Ämter und Eigenbetriebe.Ferner führe die Umstellung der Termine von sieben- auf vierzehntägige Abfuhr in aller Regel zur Reduzierung von Müll und auch von Kosten.

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