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Schmiergeldskandal: Siemens straft hunderte Mitarbeiter wegen Korruption ab

Siemens sahnt ab trotz Schmiergeldaffäre: Dank sprudelnder Gewinne kann der Konzern die Milliarden-Belastungen aus dem Korruptionsskandal verkraften. Fast 500 Mitarbeiter sind unter anderem wegen Betrugs oder Untreue aufgefallen, viele mussten ihren Hut nehmen.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr stieg der Gewinn trotz hoher Bußgelder und Anwaltskosten um 21 Prozent auf mehr als vier Milliarden Euro. "Wir gehen auch mit großer Zuversicht in das Jahr 2008 hinein", sagte Konzern-Chef Peter Löscher. Das Geschäft soll im kommenden Jahr doppelt so schnell wachsen wie die Weltwirtschaft, der operative Gewinn wiederum doppelt so stark wie Umsatz und Auftragseingang. Die Renditeziele für die Geschäftsbereiche wurden nochmals verschärft. In der Verwaltung sollen zudem die Kosten um einen Milliardenbetrag reduziert werden.

Das operative Ergebnis der Bereiche steigerte Siemens 2006/07 (30. September) im fortgeführten Geschäft um 70 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro. Allein zwei Milliarden davon wurden im vierten Quartal eingefahren. "Das sind fantastische Ergebnisse", sagte Löscher. Alle neun operativen Bereiche verbesserten ihr Ergebnis und ihre Margen. Unter dem Strich stand im Quartal wegen diverser Sondereffekte - unter anderem wegen der Schmiergeldaffäre und des Verkaufs des Autozulieferers VDO - allerdings ein kleiner Nettoverlust.

Sorgenkind Nokia Siemens Networks

Sorgenkinder waren einmal mehr die Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks (NSN) und Fujitsu Siemens Computers. Im abgelaufenen Geschäftsjahr bescherte NSN dem Siemens-Konzern einen Beteiligungsverlust von 429 Millionen Euro. Der Telekomausrüster sei aber auf gutem Weg, sagte Löscher. "Wir haben keine Verkaufsabsichten." Mit den Ergebnissen bei Fujitsu Siemens sei er sehr unzufrieden.

Vom kommenden Jahr an soll der Konzern auf den Säulen Industrie, Energie und Medizintechnik stehen. Die gesamte Führungsstruktur wird darauf ausgerichtet, auch der Vorstand wird verkleinert. Die künftigen drei Arbeitsgebiete bekommen noch schärfere Renditevorgaben. In der Medizintechnik werde ab sofort eine Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern von 14 bis 17 Prozent erwartet, sagte Löscher. Zuletzt lag der Zielkorridor bei 13 bis 15 Prozent. Die neuen Rendite-Vorgaben für das Industrie- und das Energie- Geschäft sollen im Januar verkündet werden. In der Verwaltung sollen laut Finanzvorstand Joe Kaeser 1,2 bis 2,4 Millionen Euro eingespart werden. "Ich stehe für schlanke und schlagkräftige Strukturen", sagte Löscher. Ob dies zu einem deutlichen Stellenabbau führen könnte, ließ er offen.

Rund 1,4 Milliarden Euro Schaden

Der Schmiergeldskandal kostete den Konzern allein im vergangenen Geschäftsjahr laut Kaeser rund 1,4 Milliarden Euro. Darin enthalten sind unter anderem Beraterhonorare in Höhe von 347 Millionen Euro, Steuernachzahlungen und ein erstes Bußgeld in Höhe von 201 Millionen Euro. Mögliche weitere Belastungen wollten Kaeser und Löscher nicht beziffern, da das Volumen nicht absehbar sei.

"Wir sind froh, dass wir damit wieder einen wichtigen Schritt bei der Aufarbeitung der Vergangenheit weitergekommen sind", sagte Löscher. Nach seinen Worten betreffen von den 857 Millionen Euro 599 Millionen Euro Deutschland und 258 Millionen Euro ausländische Siemens-Töchter.

Löscher sagte weiter, Siemens werde hart mit Mitarbeitern umgehen, die gegen die internen Siemens-Verhaltensregeln verstoßen. Im vergangenen Geschäftsjahr seien 470 Mitarbeiter aufgefallen. Von diesen seien 14 Prozent Korruption oder Verstöße gegen das Kartellrecht nachgewiesen worden. Bei 24 Prozent habe Untreue oder Betrug vorgelegen. Bei den übrigen 62 Prozent habe es sich um andere Verstöße wie etwa gegen die Anti-Diskriminierungsrichtlinien gehalten. 30 Prozent dieser Mitarbeiter seien entlassen worden, acht Prozent bekamen Teile ihres Gehalts gestrichen. Die übrigen 62 Prozent seien verwarnt worden oder hätten eine Abmahnung erhalten.

Löscher: Siemens hervorragend aufgestellt

Der Siemens-Umsatz legte im Geschäftsjahr 2006/07 im fortgeführten Geschäft um neun Prozent auf knapp 72,5 Milliarden Euro zu. Der Auftragseingang wuchs um zwölf Prozent auf knapp 84 Milliarden Euro. 2008 sind weitere Zuwächse beim Umsatz und operativen Gewinn geplant. "Siemens ist dafür auf den Wachstumsmärkten für Industrie-, Energie- und Gesundheitslösungen hervorragend aufgestellt", sagte Löscher. Im abgelaufenen Geschäftsjahr waren die Antriebssparte A&D (Bereichsergebnis 2,1 Mrd Euro), die Medizintechnik (1,3 Mrd) und die Energieerzeugung (1,1 Mrd Euro) die größten Gewinnbringer. Die Zahl der Beschäftigten sank weltweit leicht auf 471.000 Mitarbeiter. Im fortgeführten Geschäft wurde auch neu eingestellt, hier stieg die Stellenzahl von 371.000 auf 398.000 Arbeitsplätze.

Den Erlös aus dem VDO-Verkauf in Höhe von 11,4 Milliarden Euro will der Konzern größtenteils in ein massives Aktienrückkaufprogramm stecken. Bis 2010 will die Siemens AG eigene Aktien im Wert von bis zu zehn Milliarden Euro erwerben. Dadurch soll zum einen die Kapitalstruktur durch einen höheren Verschuldungsgrad verbessert werden: Die Finanzmärkte sehen es nicht gern, wenn Unternehmen mit zuviel Eigenkapital arbeiten. Zudem steigt der Gewinn je Aktie, wenn die zurückgekauften Anteilsscheine eingezogen werden. (mit dpa/AFP)  

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