zum Hauptinhalt
Bunte Kugelschreiber

© Herlitz

Schreibwarenhersteller in Verhandlungen mit Pelikan: Tag der Entscheidung bei Herlitz

Bleibt von Herlitz nur die Hülle? Der malaysische Eigentümer sagt das Joint-Venture mit Pelikan ab. Am Montag entscheidet sich bei dem Berliner Papier- und Schreibwarenhersteller die Zukunft.

Von Maris Hubschmid

Berlin - Es ist der Tag, an dem ein sehr entscheidender Strich gezogen werden könnte. Vermutlich – so bitter ist die Ironie des Schicksals – mit einem Herlitz-Kugelschreiber selbst. Die Sitzung, bei der die Zukunft des Papier- und Schreibwarenherstellers neu und diesmal womöglich endgültig verhandelt wird, findet in der Firmenzentrale auf dem ehemaligen Borsig-Gelände in Berlin-Tegel statt. Vielleicht bringen die Besucher aber auch ihre eigenen Stifte mit. Die Mehrheitsaktionäre der Pelikan Holding sind eigens aus Malaysia angereist, um ihre Interessen in Berlin durchzusetzen.

Vier Wochen ist es her, dass die Pelikan International Corporation Berhad Malaysia (PICB), Haupteigentümer der traditionsreichen Konkurrenten Pelikan Holding und Herlitz AG, angekündigt hatte, diverse Bereiche des deutschen und österreichischen Geschäftes sowie die logistischen Dienstleistungen der Herlitz AG komplett übernehmen zu wollen. Das bedeutete eine krasse Wende in der Beziehung der Wettbewerber: Als Joint-Venture, als Partnerschaft war die Verbindung bislang geplant worden. Jetzt wollen die Malaysier die Prozesse in ihrem Sinne beschleunigen. Bis zum 31. Oktober spätestens, so die Ansage, sollten beide Parteien vertragsbereit sein. Unverzüglich, das ist der Wortlaut der Mitteilung, müsse dann eine Einigung herbeigeführt werden. Weil jedoch in einigen deutschen Niederlassungen der Herlitz AG am vergangenen Donnerstag Feiertag war, setzte man die Verhandlung für den 4. November an. Die Berliner gewannen vier Tage.

6,5 Millionen Euro Verlust in 2012

Wenn es kommt, wie der Hauptaktionär wünscht, werden wesentliche Vermögenswerte von Herlitz in die Pelikan Holding transportiert. Die Frage ist: Was bleibt dann noch von der Berliner Schreibwarenfirma? „Es scheint alles offen. Keiner von uns weiß, was bei diesem Treffen entschieden wird", sagte eine Herlitz-Sprecherin dem Tagesspiegel. Eine darüber hinausgehende Stellungnahme der Geschäftsführung war im Vorfeld der Sitzung von keinem der Beteiligten zu bekommen. PICB, die dem malaysischen Logistikunternehmer Hooi Keat Loo gehört, hält 96,40 Prozent der Pelikan Holding, die in Hannover ihren Ursprung hat, diese wiederum 70,92 Prozent der Herlitz AG. Der Einstieg des Kontrahenten hatte Herlitz, nachdem sich der vorherige Investor Advent aus dem verlustreichen Geschäft herausgezogen hatte, gerettet. Vor zehn Jahren hatte Herlitz erfolgreich ein Insolvenzverfahren durchlaufen. Doch die Schreibwarenfirma blieb ein Dauersanierungsfall. 6,5 Millionen Euro Verlust machte sie 2012.

Bereits im Sommer dieses Jahres war verkündet worden, dass Pelikan und Herlitz sich Produktentwicklung und Rechnungswesen künftig teilen wollen. Länger schon konzentriert sich Herlitz auf Ost-, Pelikan dagegen auf Westeuropa. Ab Januar 2014, hatte es geheißen, würden Herlitz und Pelikan „gemeinsam am Markt auftreten“. Was das mittelfristig bedeutet, mag Herlitz-Vorstand Thomas Radke da bereits geahnt haben – vor wenigen Wochen gab er seine Wechselabsicht bekannt. Radke geht in den Vorstand des Haushaltswarenherstellers Leifheit, spätestens im April 2014 ist er weg. Nach Kenntnisstand vom Juni bedrohten die Synergieeffekte 40 Stellen in Berlin und Brandenburg, vornehmlich in der Produktion in Falkensee. „Signifikante Personalreduzierungen“ seien geplant, hatte Radke das gegenüber seinen 100 Aktionären formuliert – „vor allem auf der Seite von Herlitz“. Jetzt stehen wohl weit mehr Stellen auf dem Spiel. Aktuell zählt das Unternehmen knapp 1000 Mitarbeiter in Deutschland. Es waren einmal 3000.

Die Marke Herlitz ist viel wert

Ein Nachfolger für Radke ist bislang nicht benannt. „Es ist völlig unklar, wer bei Herlitz nun Entscheidungen trifft“, sagt Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Er selber ist auch Aktionär. Im Vorstand sitzt, wenn Radke weg ist, nur noch der Malaysier Hooi Keat Loo persönlich. Und gewissermaßen verhandelt Radke am Montag auch mit sich selbst. Seit April dieses Jahres ist er zusätzlich Direktor der Pelikan Holding AG, verantwortet den europäischen Vertrieb und das Marketing.

„Ich denke nicht, dass Herlitz-Produkte ganz verschwinden werden“, sagt Aktionärsvertreter Kunert. „Die Marke Herlitz hat ihren Wert.“ Er befürchtet aber, dass PICB vorhat, die Gesellschaft bis ins Letzte auszuhöhlen. Fraglich ist folglich, wie es mit der Herlitz AG weitergeht. Das bedrückt natürlich die Aktionäre. „Die Informationspolitik ist miserabel“, sagt Kunert. Dafür, dass das Joint- Venture abgesagt wurde, hat Pelikan bislang keinerlei Begründung genannt.

Denkbar ist, dass Pelikan bald allein die Markenrechte der Firma Herlitz weiter wahrnehmen wird. Herlitz wäre dann eine leere Hülle.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false