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Wirtschaft: Schwarzes Jahr für den Einzelhandel

Verband befürchtet Umsatzminus von drei Prozent/ EU-Kommission senkt Wachstumsprognose für Europa

Düsseldorf/Brüssel (kwi/tog). Die Krise im deutschen Einzelhandel spitzt sich zu. Bereits zum achten Mal in Folge setzen die Unternehmen der Branche im August weniger um als im gleichen Monat des Vorjahres. Fast jedes dritte Unternehmen musste im ersten Halbjahr sogar einen Umsatzverlust von mehr als zehn Prozent hinnehmen, ergab eine Umfrage des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) unter 1200 Unternehmen. „2002 wird wohl als das schwächste Jahr für den bundesdeutschen Einzelhandel in die Geschichte eingehen“, sagte der Präsident des HDE, Hermann Franzen. Schlechte Nachrichten kommen auch aus Brüssel: Die EU-Kommission geht nun von einem geringeren Wirtschaftswachstum als bisher erwartet aus.

Der HDE befragt seit 25 Jahren Unternehmen zum Geschäftsverlauf. Noch nie sei das Bild so trübe gewesen, wie in diesem Jahr, sagte Franzen. Für das gesamte Jahr erwartet der Verband ein Umsatzminus von „knapp drei Prozent“. In naher Zukunft wird es für die gebeutelte Branche nicht besser werden: Erst für das kommende Jahr rechnet der HDE mit einer Erholung – und die fällt „sehr bescheiden“ aus. Für 2003 erwartet der Verband gerade einmal ein nominales Umsatzwachstum von einem Prozent. Und das werde in den Jahren danach nicht groß übertroffen werden. Der Handel stoße wegen der Marktsättigung und der demographischen Entwicklung an seine Grenzen.

Die Umsatzflaute habe im ersten Halbjahr 2002 fast alle Sparten, Vertriebstypen, fast alle Größen und Lagen gleichermaßen getroffen. Die Unternehmen versuchen so gut wie möglich, der Konsumflaute entgegenzusteuern – mit Stellenabbau, Einsparungen bei Investitionen und in vereinzelten Fällen auch mit kürzeren Öffnungszeiten. Fast jedes zweite Unternehmen hat im ersten Halbjahr 2002 versucht, durch den Abbau von Personal Kosten zu sparen, ergab die HDE-Studie. Der Verband schätzt, dass im gesamten Jahr insgesamt 30000 Stellen im Handel gestrichen werden. „Die Überlebensfähigkeit vieler Einzelhandelsbetriebe ist nur noch durch Stellenabbau zu sichern“, sagte Franzen. Das Personal sei „der mit Abstand gewichtigste Kostenblock im Einzelhandel“. Der Stellenabbau in der Branche mit ihren rund 2,8 Millionen Beschäftigten und 430000 Unternehmen dürfte damit aber geringer ausfallen als noch im April befürchtet. Damals hatte der HDE 50000 Stellenstreichungen erwartet.

Große Spielräume haben die deutschen Einzelhändler nicht. Die Umsatzrendite liege gerade einmal bei mageren null bis 0,5 Prozent, sagte Franzen. Die Kaufzurückhaltung der Verbraucher habe viele Geschäfte an den Rand des Ruins getrieben und eine neue Pleitewelle ausgelöst. Besonders ostdeutsche Betriebe sind betroffen. Dort ist im ersten Halbjahr die Zahl der Insolvenzen laut Creditreform gegenüber dem Vorjahr um 57 Prozent auf 1150 gestiegen. Für das gesamte Jahr rechnet der HDE bundesweit mit 8000 Insolvenzen im Handel.

Trübe Konjunkturaussichten

Von der Konjunktur kann der Handel keine Impulse erwarten. Zum Beginn des informellen Treffens der EU-Finanzminister in Kopenhagen wird die EU-Kommission am Freitag neue Wirtschaftsdaten veröffentlichen: Die genaue Wirtschaftsprognose der EU-Kommission wird zwar erst Mitte November vorliegen. Doch schon jetzt könne man feststellen, dass das Wachstum in der EU in diesem Jahr wohl 0,3 bis 0,6 Prozent geringer ausfallen werde als noch im Frühjahr erhofft wurde, sagte am Donnerstag ein Sprecher der EU-Kommission.

Das würde bedeuten, dass die europäische Wirtschaft in diesem Jahr tatsächlich nur um 0,9 bis 1,2 Prozent wachse – statt der im Frühjahr erhofften 1,5 Prozent. Gleichzeitig, so hieß es in Brüssel, werde die Arbeitslosigkeit um 1,2 Prozent steigen. ,,Der ursprünglich für das zweite Halbjahr erhoffte Aufschwung wird sich verzögern“, sagte der EU-Sprecher. Nach Einschätzung der EU-Kommission dämpft die Kriegsgefahr im Irak die Wachstumshoffnungen in Europa. Auch die Spannungen in Nahost, der Anstieg der Ölpreise, die Turbulenzen an den Finanzmärkten sowie Krisen in einigen lateirikanischen Ländern sorgten für wachsende Unsicherheit, hieß es aus Brüssel.

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