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Wirtschaft: Schweiz verteidigt ihr Bankgeheimnis

Der EU reicht eine Quellensteuer nicht – zur Not will sie Geldgeschäfte mit der Alpenrepublik stärker kontrollieren

Berlin (msb). Wer sein Geld in die Schweiz oder nach Luxemburg transferiert hat, um es so dem Zugriff des Fiskus zu entziehen, muss sich auf Veränderungen gefasst machen. Zwar haben sich die EU und die Schweiz auch in der vergangenen Woche noch nicht über die zukünftige Regelung der Zinsbesteuerung geeinigt. Doch haben die Schweizer immerhin Entgegenkommen signalisiert, das EUBinnenmarktkommissar Frits Bolkestein allerdings noch nicht weit genug geht. Über die möglichen weiteren Schritte spricht er diesen Montag mit Bundesfinanzminister Hans Eichel.

Bei einem Treffen zwischen Bolkestein, dem dänischen Finanzminister Thor Pedersen und dem Schweizer Finanzminister Kaspar Villiger am vergangenen Donnerstag bot der Schweizer an, jetzt eine Pauschalversteuerung in Höhe von bis zu 35 Prozent beim Verdacht auf Steuerhinterziehung einzuführen. Sie ist allerdings weiterhin nicht bereit, ihr Bankgeheimnis aufzuheben, sondern will nur dann Amtshilfe von Steuerbehörde zu Steuerbehörde leisten, wenn der Verdacht auf Steuerbetrug vorliegt. Steuerhinterziehung ist in der Schweiz ebenso wenig strafbar wie beispielsweise in Luxemburg. Zum Delikt wird sie erst, wenn sie mit Urkundenfälschung, zum Beispiel Bilanzfälschung verbunden ist.

Finanzminister Eichel steht dem Schweizer Vorschlag positiv gegenüber. „Uns reicht das“, heißt es. Kommissar Bolkestein aber, der bis zum Ecofin-Rat am 3.12. einen Bericht über die Verhandlungen mit der Schweiz, den USA, Liechtenstein, Monaco, Andorra, San Marino und assoziierten Gebieten, wie der Isle of Man und den Kanalinseln, vorlegen muss, ist keineswegs zufrieden. Bolkestein schlug vor, die EU solle die Schweiz mit Kontrollen beim Kapitalverkehr belegen und so selbst legale Anlagen von EU-Bürgern in der Schweiz einschränken, um so Druck auf die Schweiz auszuüben. Er hat offenbar die britische Regierung hinter sich. Denn Großbritannien fordert dem Vernehmen nach, dass die Schweiz die EU-Regelung uneingeschränkt übernimmt – offenbar aus Sorge um den Finanzplatz London.

Auf Luxemburger und Schweizer Konten liegt ein Großteil des Privatvermögens, das Deutsche im Ausland illegal deponieren. Insgesamt soll es sich dabei um rund 500 Milliarden Euro handeln. Sollte es nicht zur Einigung mit den Drittstaaten kommen, steht der gesamte Informationsaustausch oder die Quellensteuer auf dem Spiel. Denn dann haben Luxemburg, Österreich und Belgien das Recht, ihre Zustimmung zur Zinsbesteuerungsvereinbarung von Feira zurückzuziehen. Dort hatten die EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2000 die Zinsbesteuerung grundsätzlich beschlossen, die endgültige Entscheidung aber auf Ende 2002 verschoben, um bis dahin Schlupflöcher in den Drittstaaten zu stopfen. Die Regeln für die Besteuerung von Kapitalerträgen auswärtiger Anleger sollten vereinheitlicht werden – mit der Konsequenz, dass das Bankgeheimnis in der EU nach einer siebenjährigen Übergangsfrist fällt.

Einigen Mitgliedstaaten dürfte eine weitere Verschiebung der Verhandlungen mit der Schweiz oder auch den USA recht sein. Solange die Drittstaatenregelung nicht vorliegt, tritt auch die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie nicht in Kraft, die auf Informationsaustausch und Quellensteuer für eine Übergangszeit setzt. Die Finanzpolitiker der Steueroasen nutzen wegen des Streites noch jede Gelegenheit, den Bankkunden zu versichern, ihr Geld sei heute ebenso ungefährdet deponiert wie eh und je. Als vor einigen Wochen berichtet wurde, dass Luxemburger Steuerfahnder neuerdings intensiver mit deutschen kooperierten, um so deutsche Steuerbetrüger zu überführen, reagierten die Luxemburger Behörden äußerst empfindlich. Das Finanzministerium ließ den Bericht umgehend dementieren.

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