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Wirtschaft: Schweizer Bankgeheimnis: Auch bei Steuerhinterziehung schweigen die Bankiers

Mit der Verwaltung der Gelder des nigerianischen Abacha-Clans sind die Schweizer Banken wieder ins Gerede gekommen. Doch Vorwürfe weisen sie weit zurück.

Mit der Verwaltung der Gelder des nigerianischen Abacha-Clans sind die Schweizer Banken wieder ins Gerede gekommen. Doch Vorwürfe weisen sie weit zurück. Als klassische Steueroase versteht sich die Schweiz nicht. Und schon gar nicht will das Land etwas mit Geldern krimineller Herkunft zu tun haben. Im Gegenteil: Die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft sehen sich gar als Speerspitze in der Bekämpfung von Mafia- und Drogengeldern.

Die Verwaltung von Geldern ausländischer Diktatoren von Marcos über Mobutu bis Abacha wird dagegen eher als "Unfall" bezeichnet. Zum Zeitpunkt der Anlage sei für die Banken nicht absehbar gewesen, dass diese Gelder Personen gehörten, die einmal zu den "Geächteten" zählen würden. Zudem stammten große Teile der Vermögen von Personen, deren Zugehörigkeit zum Diktatoren-Clan zunächst nicht erkannt worden sei. Die Schweizer verweisen auch darauf, dass die USA und einige EU-Länder vom Zufluss solcher Gelder enbenfalls nicht verschont blieben. Stolz verweisen die Schweizer darauf, dass die Eidgenossenschaft eines der ersten Länder gewesen seien, die ein Gesetz gegen die Geldwäsche eingeführt und dieses auch noch verschärft habe.

In der Schweiz sind alle Banken, und Finanzintermediäre gesetzlich verpflichtet, verdächtige Geldeinzahlungen von sich aus an die Polizei zu melden. Ansonsten machen sie sich strafbar. Seit Jahren müssen die Banken die Identität jedes wirtschaftlich Berechtigten von Konten und Depots feststellen. Anleger können in der Schweiz keine anonymen Konten führen oder einrichten. Selbst Rechtsanwälte sind verpflichtet, die Identität ihrer Kunden gegenüber den Banken zu offenbaren. Die zuständigen Behörden können Vermögensgegenstände von mutmaßlichen Geldwäschern sperren. Wird der unrechtmäßige Erwerb von Geldern bewiesen, können diese endgültig beschlagnahmt werden. Da Geldwäscherei gegen das eidgenössische Strafrecht verstößt, wird außer der Verfolgung innerhalb der Landesgrenzen selbstverständlich auch Rechtshilfe gegenüber Drittstaaten geleistet. Geldwäscher können sich also in keinem Fall hinter dem Schweizer Bankgeheimnis verstecken. Immer wenn eine Handlung gegen das Schweizer Strafrecht verstößt, bietet das Bankgeheimnis keinen Schutz.

Vom Strafrecht bedroht ist in der Schweiz auch der Steuerbetrug. Wer sich etwa durch Urkundenfälschung im In- und Ausland Steuervorteile verschafft, den schützt das Bankgeheimnis nicht. In Fällen von Steuerbetrug leistet die Schweiz auch Rechtshilfe. Diese wird immer dann gewährt, wenn ein Tatbestand vorliegt, der auch nach dem eidgenössischen Recht mit Strafe bedroht ist. Anders als etwa in Deutschland beurteilen die Schweizer allerdings den Sachverhalt der einfachen Steuerhinterziehung. Dieser ist in der Schweiz nicht strafbar. Vielmehr wird in der Alpenrepublik ein solches Verhalten der Bürger als "Vergessen" von Beträgen in der Steuerklärung definiert. Die Abgrenzung von "Steuerbetrug" und "Steuerhinterziehung" ist unter Schweizer Juristen heftig umstritten.

Bisher scheint das Bankgeheimnis in Bezug auf "Steuerhinterziehung" weitgehend zu halten. Georges Gagnebin, für das Private Banking der Großbank UBS verantwortlich, nennt als Qualitätsmerkmale für die Betreuung seiner Kunden den Dreiklang "Diskretion, Qualität und Intimität". Zwei dieser drei Betreuungsmerkmale sind unmittelbar an das Bankgeheimnis gekoppelt. Sollte dieses auf Druck des Auslandes nach dem Jahr 2010 aufgehoben werden, würde wahrscheinlich ein bedeutender Teil der von Ausländern angelegten Gelder aus der Schweiz abfließen.

Politik und Banken stehen hinter dem Bankgeheimnis. Eindeutig geäußert hat sich auch der Schweizer Finanzminister Kaspar Villiger. Dies würde zur Vernichtung oder mindestens Abwanderung zahlreicher qualifizierter Arbeitsplätze führen, wird argument. Dadurch würde das Brutto-Inlandsprodukt deutlich sinken. Die Schweiz würde auf der Rangliste der reichsten Länder der Erde stark absacken. Geschätzt wird, dass rund die Hälfte aller außerhalb der Grenzen eines Landes angelegten Vermögenswerte von der Schweiz aus betreut werden. Dies hat über Generationen ein Netz von Dienstleistern entstehen lassen. In den vergangenen dreißig Jahren haben sich auch fast alle bedeutenden ausländischen Banken in der Schweiz nieder gelassen, um sich ein Stück des lukrativen Kuchens abzuschneiden.

Dass die eidgenössischen Banken ihre Ertragsbasis nicht gefährden wollen, versteht sich von selbst. Luxemburg und Österreich, die von einer Aufhebung des Bankgeheimnisses innerhalb der EU besonders betroffenen wären, verweisen gerne auf die Schweiz, aber auch die Kanalinseln oder Karibikstaaten, wenn sie den Druck der Partnerländer abwehren wollen. Dass alle Steueroasen bereit sein könnten, ihr Bankgeheimnis aufzuheben, erwartet jedenfalls niemand in der Schweiz.

Heinz-Egon Feislachen

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