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Wirtschaft: Serbien ist nicht verloren

Die Geister des Balkans sind nicht so leicht zu verscheuchen. Serbiens Sozialistische Partei SPS gab kürzlich bekannt, dass ihr ehemaliger Führer, der im Gefängnis des Haager Tribunals einsitzende Slobodan Milosevic, von seiner Gefängniszelle aus für die vorgezogenen Parlamentswahlen in Serbien kandidieren wird.

Die Geister des Balkans sind nicht so leicht zu verscheuchen. Serbiens Sozialistische Partei SPS gab kürzlich bekannt, dass ihr ehemaliger Führer, der im Gefängnis des Haager Tribunals einsitzende Slobodan Milosevic, von seiner Gefängniszelle aus für die vorgezogenen Parlamentswahlen in Serbien kandidieren wird. Ebenso sein Mithäftling Vojslav Seselj, der genau wie Milosevic als Kriegsverbrecher unter Anklage steht. Ein weiterer Kandidat ist General Nebojsa Pavkovic. Auch er ist wegen Kriegsverbrechen im Kosovo angeklagt, wurde von Belgrad bislang jedoch nicht nach Den Haag ausgeliefert.

Trotz ihrer Verbrechen haben alle drei gute Chancen, viele Stimmen hinter sich zu bringen. Zwar sind Milosevics Sozialisten im Prinzip eine schwindende politische Kraft. Doch die serbischen Wähler sind generell so enttäuscht von ihren neuen Politikern, dass nichts ausgeschlossen werden kann.

Die radikalen serbischen Parteien stehen für jenen besonderen serbischen Nationalismus, der in den neunziger Jahren eine breite Unterstützung für die Balkankriege formieren konnte. Doch Serbien ist beileibe kein Einzelfall in Osteuropa. Jeder Übergang von einer totalitären Herrschaft zu einer offenen, modernen Wirtschaft hat sich als schmerzvoll erwiesen. Neue Führer haben das bei Wahlen nicht selten auf unliebsame Weise zu spüren bekommen. Die Politiker, die Serbien die Demokratie brachten, als sie Milosevic im vergangenen Jahr stürzten, stehen zwar zu ihren Prinzipien. Doch auch sie reagieren auf die Stimmung im Land mit zunehmend europafeindlichen Tönen. Ministerpräsident Zoran Zivkovic beklagt etwa die Nutzlosigkeit des Westens auf dem Weg Serbiens in die Europäische Union und die Nato.

Den neuen Führern kommt jedoch auch eine Teilschuld zu: Sie zögern, eine zum Stillstand gekommene Wirtschaft zu reformieren. Und sie zwingen die Serben nicht, sich ihre Sünden aus den Balkankriegen einzugestehen. Infolgedessen ist der Nationalismus eines Milosevic oder Seselj nicht vollends diskreditiert. Serbien ist nicht verloren, aber Freunde der serbischen Demokratie überall in Europa müssen eine klare Botschaft senden: Die Zukunft des Landes liegt darin, sich offen mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und deren Protagonisten endlich auszumustern.

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