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Wirtschaft: Showdown in Wolfsburg

Der neue Chef Martin Winterkorn stellt diese Woche seine Umbaupläne vor – für Markenvorstand Bernhard ist kein Platz mehr

Berlin/Frankfurt am Main - Vor dem Volkswagen-Konzern liegt eine entscheidende Woche: Bei seinem ersten Auftritt als Vorstandschef vor dem Aufsichtsrat wird Martin Winterkorn am Donnerstag nicht nur eine neue Unternehmensstruktur vorschlagen. Er wird auch deutlich machen, dass ein neues, zentralisiertes Führungsprinzip bei Europas größtem Autohersteller Einzug hält. Die Karriere im Konzern von Markenvorstand Wolfgang Bernhard, der vor zwei Jahren von Daimler-Chrysler nach Wolfsburg wechselte, dürfte Winterkorn damit beenden.

Am Wochenende wurde in mehreren Medienberichten übereinstimmend spekuliert, dass Bernhard in Kürze seine Kündigung bei VW einreichen wird. Der Grund: Der durchsetzungsstarke Manager soll nach Winterkorns Vorstellungen in Zukunft nur noch für die Fabriken des Autoherstellers zuständig sein, nicht aber – wie bisher – für die Entwicklung neuer Modelle und den Vertrieb.

Ein Wechsel im Vorstand würde die Unruhe im unter Ineffizienzen, Überkapazitäten und einer Sexaffäre leidenden VW-Konzern noch vergrößern. Für den neuen Vorstandschef Martin Winterkorn hängt deshalb viel vom Erfolg seiner Umbaupläne ab. Mit Genugtuung dürfte er deshalb auch wenige Tage vor der wichtigen Aufsichtsratssitzung auf der Automesse in Detroit einen neuen Absatzrekord präsentiert haben: Demnach setzte VW 2006 weltweit 5,73 Millionen Fahrzeuge ab – das waren 9,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Winterkorn teilte am Sonntag mit, zu dem Rekord hätten alle Marken beigetragen. Vor allem die Kernmarke VW steuerte mit einer Steigerung um zehn Prozent zu dem Erfolg bei.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Bernd Pischetsrieder, der sich in der Rolle des Moderators gefiel, kehrt Martin Winterkorn zu der auf den Chef konzentrierten „alten Piëch-Struktur“ zurück, wie Analyst Arndt Ellinghorst von Dresdner Kleinwort glaubt. Ferdinand Piëch, der amtierende Aufsichtsratschef, hatte VW in seiner Zeit als Vorstandschef zentral und autoritär gesteuert.

So plant Winterkorn nach Angaben aus seinem Umfeld, die nach der Ära Piëch von Pischetsrieder abgeschafften Funktionen des Konzernproduktions- und Konzernentwicklungsvorstands wieder einzuführen. „Winterkorn passt die Struktur seinem Stil an“, sagt Albrecht Denninghoff, Autoexperte der Commerzbank. Für Bernhard, dem Experten eine erfolgreiche Arbeit bescheinigen, würde die neue Aufteilung zum Verhängnis. Während der „Spiegel“ behauptet, dass Bernhard am 31. Januar geht, gibt es in seinem Umfeld Stimmen, die ein Ausscheiden bereits nach der Aufsichtsratssitzung in dieser Woche erwarten. Der Konzern selbst kommentiert solche Spekulationen nicht.

Bernhard hatte im Dezember vor Führungskräften angedeutet, dass er an der Funktion eines Produktionsvorstandes nicht interessiert sei. Dies wäre nach Meinung von Analysten eine „Zurückstufung“. Dass sich zuletzt leitende Angestellte von VW für einen Verbleib Bernhards ausgesprochen haben, verwundert indes kaum: Bernhard hat bei der Marke viel bewegt. Nach Meinung von Analyst Ellinghorst hat die Solidarität mit dem Markenchef aber noch andere Gründe: „Klar, dass das VW-Management aufschreit, denn Winterkorn wird dessen Freiheiten erheblich beschränken.“

Beim Großaktionär Porsche und in der Finanzwelt wird die Rückkehr zur zentralen Konzernsteuerung dagegen als „Ende des Kirchturmdenkens“ begrüßt, wie es Branchenexperte Denninghoff ausdrückt. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat zuletzt mehrfach darauf hingewiesen, dass VW die besten Voraussetzungen mitbringe, zu Branchenvorbild Toyota aufzuschließen. Basis dafür ist aber, dass der Konzern seine Volumenvorteile besser ausschöpft, in dem er die Marken enger verzahnt.

Winterkorn hat bei Audi mit seinem „modularen Baukasten“ – das heißt, dass Komponentenmodule quer über die Produktpalette eingesetzt werden können – gezeigt, in welche Richtung er marschieren will, ist sich Denninghoff sicher. Die neue Organisation der Marken in eine Premiumgruppe mit Audi, Lamborghini, Bentley und Bugatti sowie einer Gruppe für das Massengeschäft mit VW. Skoda und Seat bildet dafür nur den Rahmen.

Winterkorn trägt mit dem Umbau des Konzerns auch der Tatsache Rechnung, dass der Großaktionär Porsche eine aktive Rolle bei der Unternehmensentwicklung spielen wird. Dessen Vorgaben sind in einer zentralen Struktur schneller umsetzbar. Hinter Porsche steht Miteigentümer Piëch, der seine Macht bei VW konsequent ausbaut. So kursierten nach dem Kurssprung der VW-Aktie am Freitag um mehr als drei Prozent sofort Gerüchte, dass Piëch-nahe Kreise VW-Aktien aufkaufen. Dementiert hat dies bislang niemand. hof (HB)/mot

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