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Wirtschaft: „Siemens sollte Vorbild sein“

Herr von Wartenberg, wie korrupt ist die deutsche Wirtschaft? Deutschland steht in der Liste der 30 führenden Exportnationen laut Transparency International auf Platz sieben.

Herr von Wartenberg, wie korrupt ist die deutsche Wirtschaft?

Deutschland steht in der Liste der 30 führenden Exportnationen laut Transparency International auf Platz sieben.

Ist das gut oder schlecht?

Es könnte ohne Zweifel besser sein.

Ist die deutsche Exportwirtschaft besonders anfällig?

Nein. Die Erwartungshaltung ist allerdings in manchen Zielländern sehr eindeutig. Die Gefährdungen für unsere Unternehmen sind größer, wenn sie in solchen Ländern etwa bei Infrastrukturprojekten oder Investitionen besonders aktiv sind.

Es heißt immer, in einigen Ländern seien Geschäfte ohne Schmiergeld nicht zu machen. Stimmt das?

Es ist leider so, dass auf vielen Märkten Korruption Bestandteil des Systems ist. Manche Regierungen drängen ihre Beamten und Unternehmen geradezu, mit unlauteren Mitteln Marktanteile zu erobern. Das entlässt die Wirtschaft nicht aus ihrer Verantwortung, aber hier ist auch die Politik gefordert, auf internationaler Ebene solche Methoden zu unterbinden. Der BDI hat 1995 und 2002 Handlungsempfehlungen für Auslandsgeschäfte formuliert, viele Firmen haben sich zusätzliche Regeln gegeben.

Reicht das aus oder zeigt der Fall Siemens nicht, dass nachgebessert werden muss?

Siemens und viele andere deutsche Firmen haben sich auf vorbildliche Anti-Korruptionsregeln verpflichtet. Aber es haben sich offenbar nicht alle daran gehalten. Manches sollte vielleicht präziser formuliert werden, damit es in der Praxis auch wirkt. Im Lichte der neuen Entwicklung wird der BDI prüfen, ob unsere Handlungsempfehlungen an der ein oder anderen Stelle überarbeitet werden müssen.

Haben Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsräte zu lax kontrolliert?

Die neuen Fälle zeigen, dass offensichtlich nicht alle Prüfer oder Aufsichtsräte konsequent genug nachhaken beziehungsweise auch Ombudsmänner nicht vertrauenswürdig genug waren.

Sind das vor allem Altlasten, die den Konzernen jetzt auf die Füße fallen?

Häufig, ja. Schwierig wird es insbesondere für die Unternehmen, die sich vor 1999 im Ausland mit den damals auch in Deutschland steuerrechtlich zulässigen Mitteln für große Infrastrukturprojekte beworben haben und nach 1999, als Auslandskorruption in Deutschland strafbar wurde, den Zuschlag bekamen.

Schadet der Fall Siemens dem Ansehen der deutschen Industrie?

Dazu kann ich wenig sagen. Warten wir die Ergebnisse der Untersuchungen ab. Sie sollten möglichst schnell abgeschlossen werden. Denn Siemens ist ein Flaggschiff, das ein Vorbild für andere sein sollte.

Ludolf von Wartenberg ist Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Präsidiums des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Das Gespräch führte Henrik Mortsiefer.

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