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Wirtschaft: „Sind die Internetleitungen stabil?“

Berlin buhlt um Gründer aus den USA. Doch manch ein Amerikaner ist nicht sicher, ob die Bedingungen hier wirklich ideal sind.

Berlin - Nein, Deutsch müsse man nicht können, um in Berlin eine Firma zu gründen oder dort in der Softwarebranche zu arbeiten. Englisch reiche vollkommen. Unter den vier Podiumsgästen, die im texanischen Austin auf dem derzeit stattfindenden Technikfestival South by Southwest (SXSW) über „Berlin – A Founder’s Paradise“ diskutierten, war kein gebürtiger Berliner. Das mache aber nichts, spiegele es doch die Demografie der deutschen Hauptstadt wider, sagte Moderator Nikolas Woischnik.

Es ging viel um das Ökosystem Berlin – die Frage also, was die deutsche Hauptstadt als Nährboden für Start-ups attraktiv macht. Woischnik selbst hatte 2009 die Online-Shopping-Plattform Reduti mitgegründet und macht sich heute als Ausrichter des Tech-Open-Air-Festivals für die Gründerszene in Berlin stark. Er betreibt außerdem den Coworking-Space Ahoy!Berlin in Charlottenburg, in dem Freiberufler und Start-ups Räume tageweise anmieten können.

Die Berliner Gründerszene ist längst international und zieht immer mehr junge Menschen aus dem Ausland an. Einige der Zuhörer in Austin spielen ernsthaft mit dem Gedanken, demnächst nach Berlin zu ziehen. Was dafür nötig ist? „Nicht mehr als ein Flugticket“, sagte die in Minnesota geborene Gründerin der Initiative Berlin Geekettes, Jess Erickson. Sie bringt Frauen das Programmieren bei und will Begeisterung für IT-Berufe wecken. „Berlin nimmt Immigranten sehr offen auf und die Visumsformalitäten sind sehr einfach und schnell“, sagte sie. Was sie an Berlin so möge? Dass man vieles einfach tun kann, was in den USA nicht möglich wäre – in der Freizeit eine eigene Radioshow zu moderieren, zum Beispiel.

Noch gebe es in Berlin aber zu wenige Investoren, die jungen Leuten mit einer guten Idee den Start erleichtern, sagte Start- up-Bootcamp-Direktor Alex Farcet. Es fehle vor allem an „Angel Investors“, also wohlhabenden Einzelpersonen, die Gründer finanziell unterstützen. „In Deutschland wollen solche Leute immer noch gern anonym bleiben. Das macht es schwerer für Start-ups“, sagte Farcet. Berlin könne durchaus ein neues Silicon Valley werden, nur brauche das Zeit und Geduld.

Dass man – verglichen mit anderen Metropolen in Europa – in Berlin immer noch günstig leben kann, sei kein Grund, um dort hinzuziehen, sagte David Noël, der für die in Berlin ansässige Musikplattform Soundcloud im Marketing arbeitet. Aber es sei ein wichtiger Faktor, warum man hierbleiben könne.

Ob es Vorbehalte gegen Ausländer gibt? „Solange man als Unternehmer nicht gerade dafür verantwortlich ist, dass in einem Stadtteil die Mieten so steigen, dass die Anwohner wegziehen müssen, nicht“, sagte Alex Farcet. „Und die Internetleitungen? Sind die stabil?“, fragte ein Auswanderungswilliger. Er habe gehört, es könne zudem drei Monate dauern, bis man einen Anschluss habe. Ja, gehört hatten die Podiumsgäste davon auch schon. Dagny Lüdemann

Dagny Lüdemann

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