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Wirtschaft: SPD will 630-DM-Gesetz nachbessern

BERLIN (aho/ADN). Die SPD-Fraktion will die umstrittene Regelung der 630-DM-Jobs auch gegen den Widerstand von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) nachbessern.

BERLIN (aho/ADN). Die SPD-Fraktion will die umstrittene Regelung der 630-DM-Jobs auch gegen den Widerstand von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) nachbessern. Wie der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Wilhelm Schmidt in einem Interview sagte, wolle die Fraktion durchsetzen, daß die steuerfreie Pauschale für bestimmte Einsätze etwa in Sportvereinen erhöht und auf alle gemeinnützigen Tätigkeiten erweitert werde. Das Bundesfinanzministerium befürchte zwar Steuerausfälle in Miliardenhöhe, doch seien dies offenbar "Zweckrechnungen".Schmidt sagte, die neue Regelung führe zu großen Belastungen bei Sport, Kultur und im Sozialbereich. Die Fraktion fordere daher, die bisherige Übungsleiterpauschale von 200 DM, die etwa für entsprechende Tätigkeiten in Sportvereinen oder für Chorleiter angerechnet wird, für alle gemeinnützigen Tätigkeiten auszuweiten. Gleichzeitig solle sie um 100, besser 200 DM erhöht werden. Die grüne Sozialexpertin Thea Dückert begrüßte eine Erhöhung der steuerfreien Pauschale. Die Nachbesserung dürfe allerdings nicht "dem Sparpaket zuwiderlaufen". Es könne "nicht sein, daß wir auf der einen Seite sparen und hier ungeheuer zulegen".Auch der Steuerzahler-Präsident Karl Heinz Däke hat eine Korrektur des 630-DM-Gesetzes gefordert. Die Folgen seien "verheerend", schreibt der Präsident des Bundes der Steuerzahler in einem Beitrag für die Kölner Tageszeitung "Express". Zugleich präsentierte er die Ergebnisse einer Umfrage zum 630-DM-Gesetz unter knapp 1000 Betrieben. Danach haben sie bis zum 1. Januar 17 744 "Mini-Jobber" beschäftigt, zwei Monate später waren es 13 353. "Wie wir befürchtet haben, werden Arbeitsplätze massiv vernichtet", schreibt Däke. Er forderte eine Rückkehr zum alten Recht. Dagegen warnte der Deutsche Gewerkschaftsbund vor hastigen Änderungen.Unterdessen berichtet die Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten davon, daß der Fast-Food-Riese McDonalds Belastungen aus dem 630-DM-Gesetz auf die Beschäftigten abwälzt. So müßten viele der 10 000 bis 15 000 Billig-Jobber in den Filialen Zusatzklauseln bei ihren Arbeitsverträgen unterschreiben, sagte eine Gewerkschaftssprecherin dem Tagesspiegel. Sie bestätigte damit einen Bericht der "Frankfurter Rundschau". Danach müßten die Arbeitnehmer, die Hälfte der Renten- und Krankenversicherungsbeiträge von 22 Prozent des Einkommens selbst tragen. Nach Angaben einer Gewerkschafts-Sprecherin würde diese Praxis "durchgängig betrieben". In einem Fall, als sich ein Billig-Jobber weigerte, sei ihm kurze Zeit später ohne Angabe von Gründen gekündigt worden. Jetzt verhandele man vor dem Arbeitsgericht. McDonalds-Sprecher Matthias Baumgarten bestätigte gegenüber dem Tagesspiegel, daß einige Franchise-Nehmer - Selbständige, die McDonalds-Filialen betreuen - von den Beschäftigten verlangten, teilweise die Sozialbeiträge zu übernehmen. Das sei jedoch rechtlich möglich, wie der Arbeitgeberverband für Systemgastronomie versichert habe. Außerdem würden andere Gastronomie-Ketten ähnlich verfahren. Die NGG bestreitet das.Gegen das ebenfalls umstrittene Gesetz zur Scheinselbständigkeit haben jetzt Freiberufler das Bundesverfassungsgericht angerufen. Eine Sprecherin in Karlsruhe bestätigte den Eingang der Klage und sagte, daß eine weitere Beschwerde vorliege. Eine Entscheidung sei in Kürze zu erwarten. Das Gesetz sei mit den Grundrechten der Gleichbehandlung und der freien Berufswahl nicht vereinbar, sagte ein Klagevertreter. Bei den Kriterien zur Scheinselbständigkeit seien Handelsvertreter ausgenommen worden, wodurch diese Gruppe bevorzugt werde, sagte er. Mit dem Gesetz zur Scheinselbständigkeit wollte die Regierung verhindern, daß Arbeitnehmer entlassen und als Selbständige weiter beschäftigt würde. Das komplizierte Gesetz verunsicherte viele Selbständige und soll bald geändert werden.

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