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Wirtschaft: Spediteure fürchten Maut-Blockade durch EU Erst 90 000 Lkw-Bordcomputer sind eingebaut

Berlin - Die Betreiber der Lkw-Maut steuern nach Einschätzung der deutschen Spediteure auf einen Konflikt mit der EU-Kommission zu. „Wenn zu Jahresbeginn kein reibungsloser Start gewährleistet ist, wird Brüssel die Maut stoppen.

Berlin - Die Betreiber der Lkw-Maut steuern nach Einschätzung der deutschen Spediteure auf einen Konflikt mit der EU-Kommission zu. „Wenn zu Jahresbeginn kein reibungsloser Start gewährleistet ist, wird Brüssel die Maut stoppen.“ Das sagte Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr (BGL) dem Tagesspiegel. Bis Jahresende werden nach seiner Einschätzung höchstens 300 000 Lkw-Bordcomputer, so genannte On-Board-Units (OBUs), eingebaut sein. Das werde zu langen Staus und Verzögerungen bei der manuellen Einbuchung an Autobahnautomaten führen, sagte Schmidt. Die EU werde darin für ausländische Spediteure eine klare Behinderung des freien Warenverkehrs in der EU sehen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Ein Sprecher des Ministeriums wies die Befürchtungen als „nicht stichhaltig“ zurück. Die EU-Kommission habe mehrfach erklärt, dass die Einführung der Maut mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehe. „Es gibt keine Hinweise, dass sich daran etwas geändert haben könnte.“ Auch der designierte Verkehrskommissar Jacques Barrot habe sich in diesem Sinne geäußert.

Der Maut-Betreiber Toll Collect wollte auf Anfrage keine Prognose geben, wie viele Lkw bis Jahresende mit einem OBU ausgestattet sein könnten. Jetzt seien 90 000 Geräte eingebaut, weitere 250 000 bestellt. Davon habe Toll Collect bereits 180 000 programmiert und zum Einbau ausgeliefert. Das Betreiberkonsortium, hinter dem die Deutsche Telekom, Daimler-Chrysler und der französische Autobahnbetreiber Cofiroute stehen, hatte sich anfangs 500 000 eingebaute Geräte zum Start vorgenommen. Mindestens 400 000 sind nach Meinung des Speditionsverbands für einen reibungslosen Start notwendig. Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) hatte erst kürzlich gesagt, „mehr als 300 000 Geräte“ würden ihm angesichts des schleppenden Einbaus reichen.

Verbandschef Schmidt räumte ein, dass Toll Collect die letzten zwei Wochen zwar gut im Plan liege. Doch der Rückstand von 150 000 bis 180 000 Geräten sei kaum noch aufzuholen. Wegen technischer Probleme seien die Monate Juli und August „praktisch ausgefallen“. Die Maut-Betreiber hatten selbst vor wenigen Wochen beklagt, die Zurückhaltung der Spediteure gebe Anlass zur Sorge, dass nicht mehr genügend OBUs eingebaut werden können. Laut Spediteursverband liegen vor allem Unternehmen aus dem Ausland stark zurück. In ganz Frankreich seien erst 80 Lkw mit OBUs ausgestattet, sagt Schmidt. Er warnte deshalb gerade an der deutsch-französischen Grenze vor chaotischen Zuständen um den Jahreswechsel.

Bund und Toll-Collect hatten sich im Frühjahr darauf verständigt, ab Januar 2005 die streckenabhängige Lkw-Maut zu erheben, 16 Monate nach dem eigentlich geplanten Beginn Anfang September 2003. Die Speditionen können auf mehreren Wegen bezahlen. Mit dem OBU werden die Fahrzeuge automatisch erfasst, sobald sie eine mautpflichtige Autobahn befahren. Anmelden kann man sich auch via Internet. Dritte Variante ist die Einbuchung über 3500 Automaten an Raststätten, Autobahnauffahrten und Parkplätzen. Hier werden lange Staus zum Jahresbeginn erwartet, falls noch nicht genügend Bordcomputer in Betrieb sind.

Seit dem 20. September läuft die Generalprobe mit 100 Speditionen und 1400 Fahrzeugen. Ende November wird der Test abgeschlossen sein und eine endgültige Entscheidung über die Funktionsfähigkeit des Systems fallen.

Dieter Fockenbrock

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