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Wirtschaft: Spekulationen vor dem Machtwechsel bei VW

Der Machtwechsel bei Volkswagen ist noch ein gutes halbes Jahr hin, doch schon jetzt herrscht bei dem Autobauer Unruhe. Am Freitag wurde der Rückzug von VW-Kommunikationschef Klaus Kocks "im beiderseitigen Einvernehmen" mitgeteilt.

Der Machtwechsel bei Volkswagen ist noch ein gutes halbes Jahr hin, doch schon jetzt herrscht bei dem Autobauer Unruhe. Am Freitag wurde der Rückzug von VW-Kommunikationschef Klaus Kocks "im beiderseitigen Einvernehmen" mitgeteilt. Er stehe dem Konzern weiter als Berater zur Verfügung und werde sich künftig der wissenschaftlichen Arbeit widmen, teilte VW mit. Schon vor Wochen waren Gerüchte aufgekommen, wonach Kocks im kommenden Jahr in die niedersächsische Landespolitik wechseln wolle. Nach Kocks kommen nun die beiden Konzernvorstände Robert Büchelhofer (Vertrieb) und Bruno Adelt (Finanzen) ins Gerede. Dabei überrascht nicht, dass Büchelhofer sich um seinen Job sorgen muss. Der designierte neue VW-Chef Bernd Pischetsrieder kennt Büchelhofer aus gemeinsamen Zeiten bei BMW und den beiden wird nicht das allerbeste Verhältnis nachgesagt. Der 59-Jährige Büchelhofer leitet den Konzernvertrieb und ist zugleich Chefkontrolleur von Audi. In dieser Funktion hatte sich der Österreicher zuletzt den Unmut von Konzernchef Ferdinand Piëch zugezogen. Als Grund wird in Konzernkreisen angeführt, Audi habe mit Zustimmung des Aufsichtsratschefs 400 Millionen Mark Gewinn weniger nach Wolfsburg überweisen wollen als ursprünglich beabsichtigt und diese in die Rücklagen stecken wollen.

In einer dürren Mitteilung reagierte VW am Montag auf die jüngsten Personalgerüchte. "Wie der Vorsitzende des Vorstands, Dr. Ferdinand Piëch und sein designierter Nachfolger, Dr. Bernd Pischetsrieder, erklären, sind keine personellen Änderungen im Konzernvorstand geplant. Die Spekulationen um die Vorstandsmitglieder Bruno Adelt und Dr. Robert Büchelhofer entbehren jeder Grundlage."

Die "Financial Times Deutschland" hatte in ihrer Montagsausgabe berichtet, mit Büchelhofer werde bereits über eine Abfindung verhandelt - bisher allerdings ohne Ergebnis. Auch Finanzvorstand Adelt stehe nach Informationen aus Unternehmenskreisen auf der Wechselliste. Ein Nachfolger für Adelt werde bereits gesucht, berichtete die "FTD" unter Berufung auf Aufsichtsratskreise. Pischetsrieder mache Adelt und dessen Finanzkommunikation für die schlechte Entwicklung der VW-Aktie verantwortlich, hieß es. Dass das Piëch-Ziel einer Umsatzrendite von 6,5 Prozent bis heute nicht erreicht wurde, hängt weniger mit Adelts Rechenkünsten als mit der Expansionsstrategie von Piëch zusammen, der Milliarden in den Aufbau einer Luxusautosparte steckte. Die FTD berichtete weiter, dass sich auch Audi-Vorstandschef Franz-Josef Paefgen Sorgen machen müsse. Welchen Platz er in der künftigen Konzernstruktur einnehmen werde, stehe noch nicht fest. Als möglicher Kandidat für den Chefposten bei Audi gelte VW-Entwicklungschef Martin Winterkorn, hieß es weiter.

Die Zeiten für Gerüchte und Spekulationen rund um den Autobauer seien zurzeit gut, heißt es auf den Fluren des Unternehmens - und das nicht nur, weil Piëch das Ruder im April nächsten Jahres an Pischetsrieder weitergeben wird. Hinter dem angeblichem Umbau des Vorstandes oder dem - ebenfalls dementierten - Einstieg von VW in die Formel 1 stehe vor allem die "Strategie des Kalenders", heißt es. Denn am 23. November trifft sich der VW-Aufsichtsrat und wird gleich mehrere wichtige Entscheidungen auf den Weg bringen. In der letzten Sitzung des Jahres 2001 werden die größeren Investitionen für die nächsten fünf Jahre verabschiedet. Und der kommissarische Konzernsprecher Stephan Grühsem kündigt schon jetzt an: "Dann wird es einige Fakten zu berichten geben."

Auf einer anderen Baustelle, aber dafür nicht weniger beharrlich, arbeitet auch der mächtige VW-Konzernbetriebsrat auf den bevorstehenden Wechsel an der VW-Spitze hin. Hier gibt es aber statt Spekulationen eher eindeutiges. Der Betriebsratsvorsitzende Klaus Volkert wagt sich mit seiner Kritik am Kurs von Piëch immer klarer hervor. "Ich halte es für absoluten Wahnsinn, wenn jede Marke von Seat bis Audi in den gleichen Segmenten Autos baut", hatte er Konzerchef Piëch erst am Wochenende in einem Interview der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" entgegen gehalten. Dass Volkert auch kein Freund der Luxusstrategie von Piëch mehr ist, hat er schon mehrfach klar untermauert. Statt Bentley ein echter VW - auf diese Formel lässt sich die Zielsetzung des Betriebsrats reduzieren. Volkert fordert ein Einsteigermodell zu einem Preis von unter 20 000 Mark.

Hinter der zunehmenden Kritik von Volkert steht aber weniger eine plötzlich entdeckte Missgunst gegenüber Piëch, heißt es in Konzernkreisen. Vielmehr soll so der Boden für den neuen Chef an der Spitze des Autobauers geebnet werden. Wenn Volkert gezielt den Stuhl von Piëch nach unten schraubt, muss Pischetsrieder nicht ganz so hoch steigen, um dort Platz zu nehmen. Denn es gibt angeblich einiges, was der Neue abzuarbeiten hat. Aus dem Wolfsburger Werk ist zu hören, dass Piëch Investitionen zurück gestellt hat.

alf

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