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Wirtschaft: Stabilitätspakt-Reform droht zu scheitern

EU-Ratspräsident Juncker ist „pessimistisch“ / Finanzminister Eichel besteht auf Ausnahmen

Berlin/Brüssel Der Vorsitzende der EU-Finanzminister, Jean-Claude Juncker, schließt ein Scheitern der Reform des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes nicht mehr aus. „Ich werde keine Reform vorschlagen, die aus dem Pakt ein banales Instrument macht, das keine Auswirkung auf die Haushaltspolitik haben wird“, sagte Luxemburgs Premier- und Finanzminister gestern in Brüssel. „Ich bin sehr pessimistisch, dass es zu einer Einigung kommt“, so Währungskommissar Joaquín Almunia nach der kontroversen Aussprache der EU-Finanzminister.

Der Stabilitätspakt, der die Neuverschuldung der EU-Mitgliedstaaten auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes begrenzt, soll vor allem auf Wunsch von Deutschland und Frankreich aufgeweicht werden. Beide Staaten verletzen seit mehreren Jahren die Regeln. Würde der Pakt nicht reformiert, müssten sie mit verbindlichen Sparauflagen rechnen, auch Geldstrafen wären nicht ausgeschlossen. Im Mittelpunkt des Streits steht eine Liste von Umständen, die Mitgliedstaaten Defizite von über drei Prozent erlauben sollen.Deutschland drängt vor allem auf die Berücksichtigung der Kosten der Wiedervereinigung, das stößt jedoch bei anderen Staaten auf Widerstand. „Man muss vermeiden, dass einige Faktoren auf Grund nationaler Interessen aufgenommen werden“, mahnte Almunia. Bundesfinanzminister Hans Eichel konterte: „Es kann überhaupt keine Frage sein, dass Deutschland hier ganz besondere Herausforderungen zu schultern hat.“ Die umstrittene Liste sei aber „keineswegs nur ein deutsches Problem“, sagte Juncker. Andere Staaten hätten ebenso Forderungen gestellt.

Von vorentscheidender Bedeutung dürfte das Treffen Junckers mit Bundeskanzler Gerhard Schröder am Dienstagabend in Luxemburg gewesen sein, dessen Ergebnis bis zum Redaktionsschluss nicht vorlag. Nach Angaben von Den Haags Minister Gerrit Zalm waren sich die Minister einig, die ökonomischen Umstände eines Defizitsünders sowie höhere Forschungsausgaben und steigende Kosten, die auf Reformen der Renten- und Gesundheitssysteme zurückzuführen sind, besonders zu berücksichtigen.

Konsens erzielten die Minister auch bei der Festlegung der Ziele der mittelfristigen Budgetplanung der Mitgliedsländer. Staaten mit hoher Gesamtverschuldung sollen danach in der auf vier Jahre angelegten Planung ausgeglichene Haushalte oder Überschuss anstreben. Länder mit geringem Schuldenstand bekommen mehr Spielraum. Die Minister kommen am 20. März erneut zusammen, um sich zu einigen. Kurz danach soll die Reform auf dem EU-Gipfel der Regierungschefs beschlossen werden.

Auch eine am Dienstag vorgestellte Studie von Allianz und Dresdner Bank kommt zu dem Ergebnis, dass eine Aufweichung des Stabilitätspaktes der falsche Weg ist. „Schon die aktuelle Drei-Prozent-Marke ist weitaus mehr, als es sich Europa in Anbetracht des niedrigen Wachstumstrends und der steigenden Schuldenstände der letzten Jahre leisten kann“, sagte Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz Gruppe und Dresdner Bank. jh/ebo/HB/tak

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