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Wirtschaft: Strategiewechsel: Anlage-Experten setzen auf den Index

"Dürfen wir Ihr Anlageweltbild über den Haufen werfen?", fragt die Hypo-Vereinsbank.

"Dürfen wir Ihr Anlageweltbild über den Haufen werfen?", fragt die Hypo-Vereinsbank. Das Bankhaus versucht dies gerade. Nach dem schwierigen Börsenjahr 2000 schlägt das Institut den gebeutelten Anlegern einen Strategiewechsel vor: Wer nicht dauernd nach der besten Aktie oder dem stärksten Fonds fahnden und dabei ein hohes Riskio eingehen wolle, das falsche Papier zu erwischen, der solle eine "einfache, billigere und langfristig erfolgreichere" Anlagestrategie wählen und gleich den ganzen Markt kaufen. "Eine indexorientierte oder zumindest indexnahe Anlage schlägt auf lange Sicht jedes aktiv gemanagte Portfolio", ist sich Stefan Liebl sicher, Sprecher der Hypo-Fondstochter Activest. Ein einzelner Fondsmanager könne schließlich nicht besser arbeiten als alle anderen, die den Markt ausmachten. Indextracking statt Stockpicking - sich an Indizes wie dem Dax oder dem Euro Stoxx orientieren statt gezielt nach vielversprechenden Aktien suchen, lautet die Devise der Activest, die mit 22 indexorientierten Fonds Marktführerin in diesem Segment ist.

40 Prozent Indexfonds in den USA

Während sich die deutschen Anleger bisher kaum für Indexprodukte erwärmen konnten - sieben von acht Fonds sind aktiv gemanagt -, sind in den USA bereits gut 40 Prozent aller Fonds an Indizes orientiert. "Indexfonds weisen in 75 Prozent aller Fälle eine bessere Wertentwicklung auf als Stockpicking-Fonds", behauptet das US-Internet-Magazin "Indexinvestor".

Die Konkurrenz der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank, ist da völlig anderer Meinung: "Indexprodukte gab und gibt es und wird es aus unserem Haus nicht geben", sagt DWS-Sprecher Thomas Richter. Man versuche, dem jeweiligen Index - also der so genannte Benchmark - immer eine Nasenlänge voraus zu sein. 1500 Unternehmensbesuche pro Jahr und ein "ausgezeichnetes Research" ermöglichten dies, so Richter. Im Crashjahr 2000 hätten die 210 DWS-Fonds ihre Benchmark im Schnitt um elf Prozent geschlagen. Auch in diesem Jahr werde der Stockpicking-Ansatz erfolgreicher sein, da der unsichere, psychologisch weiter angeschlagene Markt "gerade die Spreu vom Weizen trennt". Von zwei Unternehmen mit ähnlichem Geschäftsmodell könne da eines um zehn Prozent absacken, das andere zehn Prozent zulegen, so Richter. Mit Hilfe eines Bewertungskatalogs, der unter anderem fundamentale Kriterien wie Wettbewerbsstellung, Produktreife, Markenname, Qualität des Managements und Wachstumsperspektiven beeinhalte, wählten die DWS-Fondsmanager ihre Aktien selektiv aus. Besser als der Gesamtmarkt sollen laut DWS in den nächsten Monaten etwa die Münchener Rück, Bayer, Axa, Samsung Electronics oder Checkpoint Software abschneiden. Am Neuen Markt, so glaubt die DWS-Mutter Deutsche Bank, werden gar nur vier von über 340 Aktien überdurchschnittlich abschneiden: Qiagen, Aixtron, Consors und Singulus.

Allerdings, so räumt Richter ein, sei es in Hausse-Zeiten schwieriger, den Index zu schlagen, da hohe Mittelzuflüsse dann in den breiten Markt investiert würden. Die Statistik scheint dies, zumindest was die letzten beiden Jahre betrifft, zu bestätigen: Im Haussejahr 1999 stieg der Dax um 39,1 Prozent, deutsche Aktienfonds im Schnitt aber nur um 35,6 Prozent. Im schwierigen Börsenjahr 2000 aber verlor der Dax 7,5 Prozent, deutsche Aktienfonds im Schnitt aber nur 4,7 Prozent, aktiv gemangte Fonds mit überdurchschnittlicher Performance gewannen sogar mehr als 20 Prozent hinzu.

Wer kurzfristig orientiert sei, folgert Activest-Sprecher Liebl, könne einen Trendfonds ein Jahr halten und dann mit guter Rendite verkaufen. Langfristig orientierte Anleger aber sollten seiner Ansicht nach indexorientiert arbeiten. Ein weiteres Argument für Indexpapiere seien die günstigeren Kosten: Da keine echte Managementleistung nötig sei, schlage die Verwaltungsvergütung hier nur mit 0,4 Prozent zu Buche. Stockpicker-Fonds kosten hingegen ein bis 1,3 Prozent. Der Ausgabeaufschlag, der an den Vertrieb gehe, sei hingegen bei beiden Kategorien gleich.

Das Problem bei deutschen Indexfonds: Sie können das jeweilige Börsenbarometer oft nicht exakt abbilden. Denn eine Position eines Fonds darf laut Gesetz zehn Prozent des Volumens nicht übersteigen, doch hat beispielsweise die Telekom allein eine höhere Gewichtung im Dax. Laut Auskunft des Bundesverbandes deutscher Investmentgesellschaften soll diese - für in Luxemburg aufgelegte Fonds nicht gültige - Beschränkung demnächst aufgehoben werden. Ein weiterer Nachteil: Fondspreise werden nur einmal am Tagberechnet. Stürzt ein Index ab, wissen Anleger, die ihre Anteile verkaufen wollen, lange nicht, welchen Verkaufswert sie erzielen.

Indexaktien für die kurzfristige Anlage

Dem will die Hypo-Vereinsbank nun mit einem neuen Produkt abhelfen: Seit Anfang Januar ist sie mit drei sogenannten Indexaktien (Exchange Traded Funds) auf dem Markt, einer Mischform zwischen Fonds und Aktie. Die Papiere bilden einen Index ab, können aber mit laufender Kursfeststellung über die Börse gehandelt werden und haben keinen Ausgabeaufschlag (dafür fallen aber Kauf- und Verkaufskosten wie bei Aktien an), sind somit auch für kurzfristige Anleger geeignet. Aktuell sind fünf Indexaktien erhältlich, und zwar auf den Dax und auf die beiden europäischen Indizes Euro Stoxx 50 und Stoxx 50. Papiere auf den Nemax All Share, die zehn Nemax-Branchenindizes und den M-Dax sollen folgen. Bisher hatte nur das US-Investmenthaus Merrill Lynch, dem US-Markt folgend, solche Produkte im Programm. In den USA geht bereits ein Drittel aller Gelder für die private Altersvorsorge in Exchange Traded Funds.

Die erfolgreichsten Fonds der letzten Jahre waren jedoch durchgängig aktiv gemanagt. Einer der Spitzenreiter ist der Kulmbacher Bernd Förtsch, der unter anderem die Aktien für die Universal-Investment-Fonds Dac UI und Dac Kontrast auswählt. Mehr denn je, so Förtsch, sei Stockpicking in diesem Jahr wichtig: Am Neuen Markt sei höchstens bei 50 Papieren mit einer ordentlichen Wertsteigerung zu rechnen. Oder, anders ausgedrückt: 1999 hätten 20 Prozent der Aktien 80 Prozent der Wertentwicklung erbracht, dieses Jahr würden sogar nur 15 Prozent 90 Prozent der Performance bringen. Zu Förtschs Favoriten zählen ACG, Adva, Comroad, D-Logistics, Morphosys und Medigene.

Veronika Csizi

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