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Wirtschaft: Streit um Gesundheitskarte entschärft

Gesundheitsministerium, Ärzte und Kassen einigen sich auf eine neue Organisation – Karte soll planmäßig 2006 starten

Berlin - Der drohende Eklat im Streit um die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ist überraschend abgewendet worden. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und Vertreter von Kassen und Ärzten einigten sich am Donnerstag darauf, eine neue Organisation zu gründen, die das Milliarden-Projekt rasch vorantreiben soll. Am ehrgeizigen Zeitplan hält die Ministerin fest: „Wir wollen am 31.12.2005 die Karte entwickelt haben“, sagte Schmidt nach dem Treffen am Donnerstagabend in Berlin. Die Vorstandsvorsitzende der Ersatzkassenverbände, Doris Pfeiffer, und der Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, begrüßten die Einigung.

Die elektronische Gesundheitskarte, die ab Januar 2006 schrittweise die bisherige Krankenversicherungskarte ablösen soll, gehört zu den ehrgeizigsten Vorhaben der Gesundheitsreform. Die Karte soll neben Notfalldaten auch elektronische Rezepte speichern. Ziel ist es, teure Doppeluntersuchungen zu verhindern. Laut Gesetz soll das Milliarden-Projekt bereits im Wahljahr 2006 starten. Doch die Einhaltung des Zeitplans gilt als schwierig, da die Umsetzung sehr komplex ist. So müssen 80 Millionen Versicherte, 340000 Ärzte, mehr als 21000 Apotheken und 2000 Krankenhäuser elektronisch vernetzt werden. Wie das geschehen soll, ist wenige Monate vor dem geplanten Start noch nicht gelöst.

Über die technische Ausgestaltung streiten Selbstverwaltung aus Kassen, Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern, die die Gesundheitskarte entwickeln, schon lange. Möglich ist die Speicherung einiger Arzneien auf der Karte oder eine Patientendatei auf einem zentralen Server. Entscheidungen wurden auch dadurch erschwert, dass die Selbstverwaltung Beschlüsse nur einstimmig fassen kann. Das hat den ohnehin knappen Zeitplan gefährdet.

Erst in der vergangenen Woche hatten sich Ärzte und Kassen auf einen gemeinsamen Projektplan geeinigt. Das Gesundheitsministerium forderte aber weitreichende Änderungen und setzte dafür eine Frist bis gestern. Im Falle der Weigerung hatte das Ministerium gedroht, die Gesundheitskarte in eigener Regie zu entwickeln. Für die Selbstverwaltung wäre das eine herbe Niederlage gewesen.

Doch so weit ist es nicht gekommen. Unter dem Druck des Ministeriums sagten Kassen und Ärzte gestern zu, bis Montag Eckpunkte für eine neue „Betriebsorganisation“ vorzulegen, die das Projekt in die Hand nehmen soll. Entscheidungen werden künftig mit qualifizierter Mehrheit gefällt. Bis Anfang Dezember soll das neue Gremium seine Arbeit aufnehmen. Das Gesundheitsministerium erhält darin zwar einen Sitz, aber keine Stimme. Allerdings müssen die Vorschläge der Organisation vom Ministerium genehmigt werden, betonte Ulla Schmidt. Um die technischen Fragen zu lösen, werden Ministerium und Selbstverwaltung ein gemeinsames Forschungs- und Entwicklungsprojekt in Angriff nehmen. Die Expertise von Industrie, Wissenschaft, Patientenorganisationen und Ländern soll künftig über einen Fachbeirat einbezogen werden.

Ein stärkeres Mitspracherecht der Ministerin hatte die Selbstverwaltung abgelehnt. „Wir wollen nicht, dass das Ministerium das Aufsichtsgremium dominiert“, sagte Jörg Robbers, Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft.

Maren Peters

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