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Wirtschaft: Strommarkt: Ostdeutscher Großkonzern nimmt Gestalt an

Die ostdeutschen Braunkohlekumpel können aufatmen. Ihre Zukunft ist gesichert, zumindest für die nächsten sieben Jahre.

Die ostdeutschen Braunkohlekumpel können aufatmen. Ihre Zukunft ist gesichert, zumindest für die nächsten sieben Jahre. Grundlage dafür ist die Übernahme der Braunkohleunternehmen Veag und Laubag durch die Hamburger Electricitätswerke AG (HEW) und eine damit verbundene Stromabnahme-Garantie. Sie sichert den ostdeutschen Tagebauen einen jährlichen Absatz von 50 Milliarden Kilowattstunden Strom bis zum Jahr 2008 zu. "Die Arbeitsplätze sind jetzt wirklich sicher", sagte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Zugleich betonte er den Willen zum Aufbau eines neuen Großkonzerns auf dem deutschen Strommarkt. "Die Übernahme ist eine maßgebliche Weichenstellung für ein wirtschaftsstarkes nordostdeutsches Energieunternehmen". Um die Abnahmeverpflichtung hatte es einen zähen Streit zwischen der HEW und dem Bund gegeben. Letztlich konnte Müller aber sein so genanntes "Stabilisierungsmodell" durchsetzen, nach dem die HEW die Stromabnahme jährlich garantiert. Knackpunkt war die Einbeziehung der angeschlagenen Mitteldeutschen Braunkohle AG (Mibrag) in die Garantie - davon hing die Zukunft der Standorte Schkopau und Lippendorf ab. Derzeit produziert das Kraftwerk in Schkopau etwa drei Milliarden Kilowattstunden Strom, bei voller Auslastung könnte es das Doppelte sein. Nun wurde die Auslastung der Mibrag doch noch von der HEW akzeptiert. "In den nächsten Jahren werden 6500 bis 7000 Mitarbeiter in ostdeutschen Kraftwerken und im Bergbau arbeiten", versicherte HEW-Chef Manfred Timm. Hinzu kämen noch die Mitarbeiter der Laubag-Netzgesellschaft. Derzeit sind in den ostdeutschen Unternehmen 9000 Menschen beschäftigt. Timm: "Die Belegschaft wird moderat reduziert." Die Übernahme kostet die HEW 2,7 Milliarden Mark. Die Treuhand-Nachfolgerin BVS hat dem Kaufpreis bereits zugestimmt. Grundlage für die Entscheidung war die finanzielle Bonität des Hamburger Käufers, die angesichts von Finanzreserven in Höhe von 5,9 Milliarden Mark und Kreditlinien über 6,4 Milliarden Mark als ausreichend erachtet wurde. Die Kartellbehörden haben ebenfalls grünes Licht für den Deal signalisiert. Bislang hielten die Stromriesen RWE und Eon die Mehrheitsanteile an Veag und Laubag. Sie hatten - gemeinsam mit einigen kleinen Energieversorgern - die ostdeutschen Unternehmen 1994 für 240 Millionen Mark von der Treuhandanstalt erworben.

Für die HEW ist der Kauf ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum großen deutschen Energieversorger. Nach Planungen der Hamburger soll aus HEW, Veag, Laubag und Bewag die Nummer Vier auf dem Strommarkt erwachsen. Um die Zukunft der Bewag hatte es ein monatelanges Tauziehen mit dem Berliner Senat gegeben, bevor sich die vom schwedischen Gesellschafter Vattenfall dominierte HEW und der US-Konzern Mirant auf eine gleichberechtigte Führung einigen konnten. Der Weg für den neuen Großkonzern, der neben den bisherigen Marktführern RWE, Eon und EnBW entstehen soll, war damit frei. Nun will der zukünftige Stromriese am 1. Januar 2003 seinen neuen Hauptsitz in Berlin eröffnen. Bis dahin sollen Veag und Laubag neu strukturiert werden. In der zu bildenden Holding sollen die Gesellschafter Mirant und Vattenfall eine Partnerschaft eingehen. Die Führung wird Vattenfall übernehmen.

Bis der neue Gigant auf dem europäischen Strommarkt Fuß fassen kann, müssen aber noch wichtige Detailfragen geklärt werden. Bei der Übernahme von Veag und Laubag gibt es nach wie vor zwei strittige Punkte zwischen HEW und Bund. Dabei geht es um neue Klauseln zur Festsetzung der Braunkohlepreise und um zukünftige Abnahmeverpflichtungen des Konzerns von der Mibrag. Bis Frühjahr 2002 soll es eine Lösung geben. Timm schloss nicht aus, dass sich die HEW "weitere Zuschüsse" leisten könne.

ide

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