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Wirtschaft: Tarifabschluss droht zu platzen

Arbeitgeber und Verdi streiten heftig über Reform des öffentlichen Dienstrechts

Berlin – Fünf Monate nach dem Tarifabschluss von Potsdam steht die geplante Reform des Tarifrechts im öffentlichen Dienst wieder auf der Kippe. Nach Informationen des „Handelsblatts“ sind die seither laufenden Detailgespräche zwischen der Gewerkschaft Verdi und den Arbeitgebern über Umsetzungsfragen durch heftigen Streit blockiert. Der geplante Start des neuen Tarifrechts zum 1. Oktober könnte scheitern, falls nicht ein Krisengespräch auf ChefEbene eine Lösung bringt. Dem Vernehmen nach wollen sich Verdi-Chef Frank Bsirske und der Vorsitzende der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Thomas Böhle, deswegen noch im Juli treffen.

In dem Abschluss von Potsdam hatte Verdi Anfang Februar mit den Arbeitgebern von Bund und Kommunen vereinbart, das als bürokratisch geltende Tarifrecht des öffentlichen Dienstes radikal zu modernisieren. Zu der Reform gehört die Einführung einer leistungsabhängigen Bezahlung, die allerdings erst 2007 starten soll. Bereits ab Oktober sollen die rund 2,4 Millionen betroffenen Bediensteten nach einer neuen Gehaltstabelle bezahlt werden. Danach würden Berufseinsteiger und jüngere Arbeitnehmer in Verwaltungen und Kommunalbetrieben höher entlohnt. Ältere müssten dagegen in Zukunft weitgehend auf Zuwächse verzichten – unterm Strich soll die Reform kostenneutral sein. Sie hat das Ziel, die bisher von Familienstand, Dienst- und Lebensalter abhängigen Bezahlungsstrukturen an die Standards der Privatwirtschaft anzunähern. Das soll den öffentlichen Dienst attraktiver machen.

Doch in den Gesprächen über die Details des Übergangs zum neuen System haben sich die Tarifparteien zerstritten. „Wir haben eine völlig verbohrte Situation“, sagt ein Beteiligter, der nicht genannt werden will. Bei der VKA wird hinter vorgehaltener Hand eine „kindische Art der Verhandlungsführung“ bei Verdi beklagt. So weigere sich die Gewerkschaft nachträglich, einen bereits von beiden Seiten paraphierten Tarifvertrag mit Überleitungsvorschriften anzuerkennen.

Dabei geht es unter anderem um die Frage nach der Zukunft einer Reihe bestehender Zusatztarifverträge auf regionaler Ebene, die Überstundenpauschalen, Essensgeldzuschüsse oder Bildschirmarbeitsbedingungen regeln. Nach Ansicht der Arbeitgeber basierte der Abschluss von Potsdam auf einem Konsens, wonach solche Spezialregelungen automatisch wegfallen, soweit die Tarifparteien sie nicht im Einzelfall binnen einer Übergangsfrist ausdrücklich bestätigen. Inzwischen bestreite Verdi aber, dass man sich in diesem Sinne geeinigt habe.

VKA-Chef Böhle wollte die Lage nicht dramatisieren. Er bleibe zuversichtlich, dass rechtzeitig eine Einigung gelingen werde. Böhle warnte aber eindringlich vor den Folgen eines möglichen Scheiterns. „Wenn wir das jetzt nicht hinbekommen, ist die Chance zu einer durchgreifenden Reform auf Jahre hinaus vertan.“

Verdi-Sprecher Harald Reutter wertete es als normal, dass sich die Detailarbeit „wegen der komplizierten Materie nicht in wenigen Wochen abschließen“ lasse. Man wolle weiter mit Hochdruck daran arbeiten und sei optimistisch, rechtzeitig zum 1. Oktober fertig zu werden, sagte er. dc/HB

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